Geschichten - Stories

GESCHICHTEN
STORIES

DEUTSCH

Viele angenehme Dinge sind im Laufe der Jahre geschehen, aber nur
einige wenige dieser Ereignisse sind zu Papier gebracht worden.


Weihnachten 2005

Am 12. Dezember 2005 traf in den Schauräumen ein Brief ein, der auf meinem Tisch landete.
Inhalt – ein Schlüssel, Zettel und Brief.
Herr Alfred Blackett, ein alter Freund Schönbrunns, erzählt in diesem Brief eine kleine aber liebe Geschichte, die 1945 in Schönbrunn ihren Anfang nahm.
Frau Vicky Tunbridge, eine Britin, hatte Herrn Blackett den bereits erwähnten Schlüssel zugesandt und ihm ein Erlebnis geschildert, das sie im Jahre 1945 hatte, als sie in der britischen Armee als Sekretärin des Oberkommandierenden der britischen Kommandantur in Schönbrunn gedient hatte.
Zu ihrem 21. Geburtstag wollten ihr ihre britischen Kollegen ein kleines Geschenk überreichen.
In Großbritannien wird ein Schlüssel häufig als Symbol der Volljährigkeit verwendet, und so beschlossen ihre Kollegen zu diesem Zweck einen Schlüssel von Schönbrunn „auszuborgen“.
Einen schöneren Schlüssel aus Silber konnte man in den Nachkriegsjahren nicht bekommen, also musste der einfache eiserne Schlüssel aus Schönbrunn als Ersatz dienen.
Ihre Kollegen überreichten diesen Schlüssel zusammen mit einem Zettel, auf dem stand:

Alles Gute zum 21. Geburtstag!
Entschuldige den Schlüssel, aber das hier ist Wien,
und einen besseren haben wir nicht auftreiben können -
trotzdem sind die Gedanken, die wir damit verbinden,
genauso aufrichtig.

60 Jahre danach plagten Frau Tunbridge Gewissensbisse in Bezug auf den „ausgeborgten“ Schlüssel, der ja vielleicht in Schönbrunn noch benötigt würde. Obwohl sie sich von dem Schlüssel nur schwer trennen konnte, schickte sie diesen an Herrn Blackett und bat ihn, den Schlüssel an den rechtmäßigen Besitzer, das Schloss Schönbrunn, zu retournieren.
Die Belegschaft von Schönbrunn war von dieser Geschichte sehr angetan und dachte, es wäre eine gute Idee, den Schlüssel als Weihnachtsgeschenk an diese nette alte Dame zurückzusenden.
Da es sich ja schließlich um einen Schlüssel von Schloss Schönbrunn handelte, dachten wir zuerst daran, ihn versilbern zu lassen und die Verpackung des Schlüssels sehr edel zu gestalten.
Silber schien vielleicht zum 21. Geburtstag edel genug zu sein, aber für eine Dame im Alter von 81 Jahren erschien uns ein goldener Schlüssel weitaus angebrachter.
Wir machten uns sofort an die Organisation der Dinge, um das Geschenk noch vor Weihnachten fertig zu bekommen.
Der Schlüssel wurde vergoldet, in einer roten Schatulle geschenkmäßig verpackt und per Eilpost an Frau Tunbridge gesandt.
Wir legten einen Brief bei, in dem wir den Wunsch äußerten, dass der alte, eiserne Schlüssel, der sie als Ersatz für einen versilberten Schlüssel durch 60 Jahre ihres Lebens begleitet hatte, jetzt, ummantelt mit Gold, viel Glück und Freude in ihren goldenen Jahren bringen sollte.
Im August 2011 besuchten Christine und ich Frau Tunbridge und genossen es ihr zuzuhören, wie sie über viele ihrer wunderbaren Erinnerungen an Schönbrunn erzählte.
 

 

ENGLISH

Many pleasant things have happened over the years, but only a few
of the events have been written down.

Christmas 2005

On the 12th December 2005 a letter was delivered to the Imperial Apartments of Schönbrunn and landed on my desk. It contained a key, together with a little note and a letter.
Mr. Alfred Blackett, an old friend of Schönbrunn, described the short but charming story that began in 1945 in Schönbrunn Palace.
A British lady, Mrs. Vicky Tunbridge, had sent the key to Mr. Blackett the mentioned key and told him of an experience she had in 1945 whilst serving with the British Army as a secretary to the Commander-in-Chief of the British Command in Schönbrunn Palace. On her 21st birthday her British colleagues wanted to give her a small present.
In Great Britain a key is often used as a symbol of attaining maturity, so accordingly her colleagues decided to ‘borrow’ a key from Schönbrunn.
During the post-war years it was virtually impossible to obtain the more appropriate silver-plated key, so the simple iron key from Schönbrunn Palace had to serve the purpose.
Her colleagues gave her the key together with a short note which stated:

Happy 21st Birthday
Our apologies for the key but this is
Vienna and it's the best we can do –
nevertheless the thoughts that go
with it are just as sincere.

60 years later Mrs. Tunbridge was suddenly aware that the ‘borrowed’ key was still in her possession and Schönbrunn Palace would probably be in need of it and, although it was hard for her to part with the key, she decided to send it to Mr. Blackett and asked him to return the key to its rightful owner - Schönbrunn Palace.
The staff of Schönbrunn Palace was enchanted by this story and thought it would be a good idea  to send the key back to the charming old lady as a Christmas present.
At first we thought about silver-plating the key in due respect for a key that came from Schönbrunn Palace, and we should also make the presentation of the key a fine and noble occasion.
Silver was probably the correct thing to do as the key was originally a twenty-first birthday gift, but for a gracious eighty-one year old lady we felt a golden key would be more appropriate.
We immediately started to organise things to get the present finished in time for Christmas.
The key was plated in gold, packed as a present in a red presentation box, and sent to Mrs. Tunbridge by express post.
We enclosed a letter expressing our wish that the old iron key, now plated in gold, that had substituted for a silver-plated key throughout sixty years of her life, would bring lots of luck and happiness during the golden years of her life.
Christine and I visited Mrs. Tunbridge in August 2011 and enjoyed listening to her as she recalled her many wonderful memories of Schönbrunn.