Mein Leben in Schönbrunn

MEIN LEBEN IN SCHÖNBRUNN

EINE ANDERE ART, GESCHICHTE ZU ERZÄHLEN

DEUTSCH

by
Robert M. Tidmarsh

 

Alles begann 1970, als mein Vater starb. Ich war fast 19 Jahre alt und verlor innerhalb von ein paar Wochen alles, was mir vertraut war. Ich konnte nicht wirklich begreifen, warum der Tod eines Menschen mein Leben in einer derartigen Weise beeinflusste. Die beiden nun folgenden Jahre gestalteten sich mehr als dramatisch. Bei meinem Bruder und seiner Frau zu leben, war keine Zukunftsperspektive, obwohl ich mich so gut ich konnte "bemühte", den Vorstellungen meiner Schwägerin zu entsprechen. Während der späten 1960er und frühen 1970er Jahre in England zu arbeiten, war nicht einfach für mich.
Von Beruf war ich Modelltischler bzw. hätte ich das sein sollen oder können. Ich stellte Holzmodelle her, oder verwendete Gips bzw. Silikon, um Abgüsse zu gestalten, welche anschließend für die Herstellung von Formen für Thermoforming verwendet wurden. Da ich Chemikalien ausgesetzt war, bekam ich Ekzeme sowie eine Hautentzündung und konnte meine Lehre nicht abschließen. So wurde ich gezwungen, mich in die nicht enden wollende Schlange der ungelernten Arbeiter einzureihen, welche von einem Job zum nächsten wechselten, und fühlte mich unverstanden, als Außenseiter, als Fremder in meinem eigenen Land. Mit dem Lauf der Dinge war ich unzufrieden und betrachtete mein junges Leben äußerst negativ. Dieses Gefühl, keine Zukunft zu haben, war der Hauptgrund für mein intensives Bemühen, mich aus dieser Situation heraus zu manövrieren.
Da ich nichts zu verlieren hatte, gründete ich im Alter von zwanzig Jahren eine Firma, die ich "Tidmarsh Supplies" nannte. Ich versuchte ein Geschäftsmann zu werden, indem ich Fußballwappen verkaufte. Zunächst lief alles gut und ich gab mein Bestes, meine kleine Firma auf dem Markt zu etablieren. Nachdem ich aber einige Zeit in London verbracht hatte, erkannte ich schnell, dass ich nicht zum Geschäftsmann geschaffen war. Meine Ersparnisse schwanden dahin und meine letzte Hoffnung auf Erfolg war ein Inserat in einer Zeitschrift namens Goal. Aber nicht einmal das erzielte die Wirkung, die ich brauchte, um mein Unternehmen zu retten.
Einer meiner Kunden war ein Postbeamter in Wien namens Kurt Skalsky. Er war ein Fußballfanatiker und bestellte gerne Fußballabzeichen, Zeitschriften und Zeitungen bei "Tidmarsh Supplies" und korrespondierte recht häufig mit mir. Kurt schrieb über seine Familie sowie sein Leben in Wien und bald begann ich die mögliche Lösung für meine Probleme in Österreich zu suchen. Um rasch zu Geld zu kommen, arbeitete ich tagsüber in einer Schuhfabrik und war anschließend bis spät in die Nacht als Tankwart beschäftigt. So war ich in der Lage, in weniger als einem halben Jahr mehr als 80 Pfund Sterling (damals etwa ATS 5.000) für meine Fahrt nach Wien zu sparen.
Am 31. Dezember 1971 reiste ich schließlich aus Leicester ab und fuhr mit dem Zug nach Wien, wo ich am 1. Jänner 1972 ankam. Ein paar Wochen lang lebte ich bei Kurts Familie in Atzgersdorf am Rande Wiens. Bald waren aber meine Ersparnisse aufgebraucht, weshalb ich unweigerlich Arbeit und eine Unterkunft finden musste. Nach einigen wirkliche harten Wochen, während derer ich in einem ziemlich heruntergekommenen Hotel lebte, half mir Kurt, indem er eine ältere Dame fand, die mich im Austausch für einige Arbeiten (hauptsächlich Schneeräumen) sowie gegen ein geringes Entgelt in einem kleinen Raum ihrer Villa wohnen ließ. Meine ersten Jobs als Arbeiter in Wien waren nicht wirklich das, was ich mir vorgestellt hatte und so wurden das Heimweh sowie die Sehnsucht, nach Leicester zurückzukehren, immer größer.
Wenige Wochen später bekam meine Hauswirtin Besuch von Familie Jedlicka, die offensichtlich an dem Fremden aus England Interesse hatte. Sie luden mich zu einem nahen Heurigen ein und bemühten sich sehr, mir freundlich entgegenzukommen. Diese Freundschaft wuchs und innerhalb von ein paar Wochen war ich ein häufiger Gast in ihrer Wohnung. Ich erkannte noch nicht, dass diese Freundschaft sowie der Kontakt zu ihrer Tochter zu meiner ersten Heirat führen sollten.
Ich beherrschte damals die deutsche Sprache noch nicht und hätte mir nicht vorstellen können, weniger als zwei Jahre später als Schlossführer im Schloss Schönbrunn angestellt zu sein. Gertrude, meine zukünftige Schwiegermutter, war sehr streng und bestand darauf, dass ich so schnell wie möglich Deutsch lernen sollte. Sie machte kein Hehl aus ihren nicht immer positiven Gefühlen für England und ihrer äußerst radikalen Denkweise, die sie während des Zweiten Weltkrieges entwickelt hatte. Sie war jedoch Meinungen und Argumenten gegenüber zugänglich. In den nun folgenden Jahren war ich ihrer Denkweise bzw. ihrer Art zu handeln, ausgeliefert. Wir „kämpften“ uns wieder und wieder durch den Zweiten Weltkrieg. Ihre Sicht der Dinge wurde bei jeder Gelegenheit unmissverständlich klargelegt, aber meine Meinung wurde zumindest respektiert, wenn nicht akzeptiert. Ich glaube, wir beide suchten nach der Wahrheit, die irgendwo zwischen allen Versionen jeden Krieges zu finden ist. Diese Erfahrung führte dazu, dass ich unbedingt mehr wissen und mehr über die Geschichte herausfinden wollte, weshalb ich motiviert wurde, nach Antworten zu suchen, die akzeptabel, aber nicht radikaler Natur waren.
Mein Hauptaugenmerk lag darauf, meine Deutschkenntnisse zu verbessern indem ich mich bemühte die Sprache zu verstehen, was alleine schon keineswegs leicht war. Ich versuchte, meinen Kollegen zuzuhören, konnte jedoch den Unterschied zwischen dem Wienerischen und dem Deutschen nicht heraushören.
Der Wiener Dialekt wurde zu einer Hürde, die genommen werden musste. Hochdeutsch war angesagt. Tag für Tag mussten Tausende Wörter niedergeschrieben und gelernt werden. Wochen und Monate harter Arbeit, mit Zuhören, Schreiben und Lernen mussten überstanden werden, bis ich die deutsche Sprache sprechen und auch schreiben konnte. Sogar das Einkaufen war ein Problem. Es gab äußerst wenige Supermärkte und alles wurde direkt beim Greißler gekauft, der Englisch weder sprach noch verstand.
- Versuchen Sie einmal ohne Deutschkenntnisse Hefe bzw. Germ zu kaufen.
Die Österreicher taten sich schwer mit meinem Englisch mit Leicester-Akzent und ich hatte Schwierigkeiten alles in meinem Umfeld zu verstehen. Das Ergebnis war eine äußerst langsame Verständigung zwischen zwei unvollkommenen Parteien, die aber perfekt sein wollten. Wiener Ausdrücke, die ich untertags aufgeschnappt hatte, wurden am Abend ins Hochdeutsche übersetzt, und so manches Wort führte zu endlosen Stunden des Drills durch meine Lehrerin - Gertrude.
1974 war mein Deutsch gut genug, dass ich in der Lage war, mir einen Job zu suchen, der mir und meinen Erwartungen entsprach. Nachdem ich tagelang vergeblich auf Jobsuche gewesen war, versuchte ich mich schließlich im Schloss Schönbrunn zu bewerben. Mit Hilfe meiner österreichischen Familie und besonders meines Schwiegervaters, eines hohen pensionierten Beamten, schaffte ich es, eine besondere Arbeitserlaubnis zu bekommen, die es mir gestattete, als Ausländer im österreichischen Staatsdienst zu arbeiten. Das bedeutete, dass ich sehr schnell die Geschichte Österreichs und des Schlosses lernen musste und bereits zwei Monate später bestand ich die vorgeschriebenen Prüfungen. Meine Aufgaben während der ersten Jahre in Schönbrunn (1974 bis 1980) bestanden allerdings nicht nur aus denen eines Schlossführers, ich hatte beinahe alle Arbeiten zu erledigen, die getan werden mussten.

 

SCHÖNBRUNN

1974 – 1980

Die Schauräume wurden von Herrn Otto Sejchovsky geleitet, einem äußerst angenehmen, unvoreingenommenen Menschen. Er war bemüht, sich den neuen Mitarbeitern gegenüber fair zu verhalten, für welche es normalerweise schwierig war, sich in Schönbrunn einzuleben. Obwohl er nur wenig dazu beigetragen hatte, das Niveau der Führungen zu verbessern und wahrscheinlich noch viel weniger hinsichtlich der noch vorkriegszeitlichen Verwaltung der Abteilung, wurde er als „Chef“ betrachtet und sehr respektiert. Er war wie eine Uhr und wir wussten bald, was er als nächstes tun würde, noch bevor er etwas unternommen hatte. Die „alten“ Kollegen versuchten auf seine Vorgehensweise Einfluss zu nehmen, aber die „Uhr“ tickte einfach immer nur weiter.

 

Zuhören und verstehen

Während der Wintermonate bestand meine Hauptaufgabe darin, zuzuhören und zu lernen.
In den 1970er Jahren waren die meisten Führer im Schloss bereits etwa 10 bis 15 Jahre ihrer Tätigkeit nachgegangen und waren außerdem wahre "Wiener Charaktere". Die Qualität der Führungen variierte allerdings enorm. Das Niveau des von den meisten Führern gesprochenen Englisch war damals, gelinde gesagt, äußerst wienerisch. Die zugelassenen Privatführer gingen durch die Räumlichkeiten, während sie ihren Text mit einem ausgeprägten Wiener Akzent sprachen.
Ein amerikanischer Tourist erkundigte sich einmal nach den Öfen und wie sie beheizt wurden.
Herr Weiner, einer der erfahrenen Fremdenführer, hielt seinen alten Trachtenhut vor sich in den Händen, schloss seine Augen und tat so, als würde er in den Hut schauen. Dabei erklärte er sehr langsam und mit tiefer Stimme: “Se feia wos in se stov end se smok go up se woll und out ov se ruf." - * Er beendete seine Ausführungen immer mit einem: "Yes! Yes!, do you understand?“.
(*”The fire was in the stove and the smoke go up the wall and out of the roof”.
Zu Deutsch:
"Das Feuer war im Ofen und der Rauch geht die Wand hinauf und aus dem Dach.")
Als er nach dem 60. Jubiläum von Franz Josephs Thronbesteigung gefragt wurde, sagte derselbe Fremdenführer: "Wen I wos a little boy mei fasser and I went tu se illumineschens. Wen we got home my fasser was olso illumineted, he drink tuu meny schnapps” *, gefolgt vom unvermeidlichen: “Yes! Yes!, do you understand?”.
(*"When I was a little boy, my father and I went to the illuminations. When we got home, my father was also illuminated, he drank too many schnapps”.)
Zu Deutsch: "Als ich ein kleiner Bub war, sahen sich mein Vater und ich die Festbeleuchtung an. Als wir nach Hause kamen, war mein Vater auch erleuchtet, er hatte zu viel Schnaps getrunken.")
Ein anderer Fremdenführer erklärte im Audienzzimmer stets, dass diejenigen, denen Audienz beim Kaiser gewährt wurde, während derselben hinter dem Glasparavent vor der Fensternische, der den alternden Kaiser vor ansteckenden Krankheiten schützen sollte, stehen mussten. (Die richtige Erlärung wäre gewesen, dass die Audienzwerber vor dem Schreibtisch standen und der Glasparavent nur zum Schutz gegen Luftzug diente).
Sogar die Lerche des Herzogs von Reichstadt soll mit dem Vater des Herzogs, Napoleon Bonaparte, während der Wirren der Napoleonischen Kriege geflogen sein - Zumindest behauptete das einer der Führer. (Richtig ist, dass die Lerche hier im Schloss Schönbrunn der Lieblingsvogel des Herzogs von Reichstadt war). 
Jeder Fremdenführer hatte natürlich einen Namen, und wenn wir diesen nicht kannten, dann gaben wir ihm einen Spitznamen.
Eine meiner geschätztesten Kolleginnen war Frau Herbacek, eine kleine, liebe alte Dame, die sehr schnell sprach und die Worte nicht von einander zu trennen schien. Diese Eigenheit führte dazu, dass ein von ihr bei jeder Führung verwendeter Satz zu ihrem Spitznamen wurde - Lukeddigaden ("Look at the garden" - zu Deutsch: "Blicken Sie zum Garten hinaus!")

 

Taxler

Nicht nur die konzessionierten privaten Fremdenführer waren besondere Charaktere, auch unsere Schlossführer waren echte Originale.
Wir waren in zwei Gruppen von Schlossführern eingeteilt.
Jene, die eine Fremdsprache beherrschten, waren die Fremdsprachenführer bzw. die "Taxler". Niemand weiß, warum gerade dieser Begriff verwendet wurde.
Die Schlossführer, welche keine Zweitsprache sprechen konnten, waren abgestuft und als zweitrangig anzusehen.
Eine der "Taxler" war Frau Hammer (geb. Oppenheimer). Sie war eine der besten Schlossführerin. Wie aus einer Maschinenpistole geschossen sprach sie vier Sprachen, wobei sie sofort von einer in die andere wechseln konnte. Leider verstand ich nie alles, was sie sagte, denn ihr Redefluss war ganz einfach zu schnell.
Martine Hartl (geb. Desachy) war eine junge Französin und damals gemeinsam mit mir eine von zwei im Schloss angestellten Ausländern. Sie arbeitete als "Taxler" und führt (mit Unterbrechungen)  bis heute auf Französisch und Deutsch.
Zu Beginn meiner Tätigkeit war ich als Guide zweiten Grades eingestuft und durchaus damit zufrieden, nur Führungen in englischer Sprache zu machen.
Die Mehrzahl der anderen Schlossführer war so wie ich eingestuft. Bei vielen von ihnen handelte es sich um ehemalige Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg in vielen verschiedenen Einheiten der deutschen Wehrmacht gedient hatten.
Einer meiner Kollegen sprach gern über seinen Dienst beim Afrika Korps unter General Rommel und wie schlecht er in einem britischen Kriegsgefangenenlager behandelt worden war.
Er war offensichtlich noch immer sehr darüber aufgebracht, dass er auf die Briefe, die er seiner Frau damals schickte, nicht "Großdeutschland" schreiben konnte und beschwerte sich, dass die Briten "Großbritannien" schreiben konnten. Warum durfte er also nicht "Großdeutschland" schreiben?
Mein Kommentar: das "Groß" in Großbritannien stammt ursprünglich aus dem Französischen, in dem Großbritannien als Grande Bretagne bezeichnet wird, um es von der Bretagne in Frankreich zu unterscheiden.
Ein anderer Kriegsveteran, war für die Uhren zuständig. Er war der einzige Kollege, der uns wirklich beibrachte, wie wir unsere Arbeit zu erledigen hatten.
Wenn er eine Gruppe führte, gab er immer stolz die Anzahl der funktionierenden Uhren im Schloss bekannt. Er beschwerte sich stets, wenn einer der Kollegen eine "seiner" Uhren berührte und war besonders böse, wenn die Uhr im Schlafzimmer des Kaisers (sie wird in diesem Zimmer nicht mehr ausgestellt) nicht auf 21:05 stand.
Bei jeder Führung erzählte er nämlich in diesem Zimmer, dass die Uhr genau zu dem Zeitpunkt stehengeblieben war, als der Kaiser starb, und war immer schockiert, wenn wir die Uhrzeit - natürlich wissentlich - verstellt hatten.

 

Lacki

"Lacki" führte in deutscher Sprache. Er hatte einen sehr "normalen" österreichischen (Waldviertler) Dialekt und war daher recht gut zu verstehen. Als Schlossführer bemühte er sich mit aller Kraft "Hochdeutsch" zu sprechen was dazu führte, dass er "a" anstatt "o" oder "u" verwendete.
Darüber hinaus war er bekannt dafür, dass er kurz und abgehackt sprach.
Rosenholz wurde so zu Ra-sen-halz.
"Ich begrüße Sie, meine Damen und Herren, im Schloss Schönbrunn!" wurde zu "Ik be-gras-se Sie, mei-ne Dam-men und Her-ren, im Schlass Schan-brann!".
Er verwendete auch "k" statt "g" und der "Gönner" wurde zu "Könner" oder auch "krank" zu "grang".
"B" wurde von ihm statt "p" gebraucht und so nannte er mich "Popeye" statt Bobby.
- Wo ist meine Pfeife?
"D" sprach er anstelle von "t", und auf diese Weise wurde das "Telefon" zum "Del-le-fon".
Wir machten bei ihm gerne eine Führung mit, nur um zuzuhören - besonders, wenn ihn die deutschen Besucher fragten:
"Welcher Nationalität sind Sie?"

 

Hansi

Hansi war nicht nur der älteste Schlossführer, er war damals auch mit Sicherheit "das" Original.
Als ich ihn zum ersten Mal traf, war er ein pensionierter Beamter von etwa 70 Jahren und hatte bereits viele Jahre lang in Schönbrunn Führungen gemacht.
Ich, wie auch viele andere, verbrachten Stunden damit, bei seinen ungewöhnlichen Führungen zuzuhören, in welchen er seinen originellen Charme versprühte und äußerst gewagte, ordinäre Witze erzählte. Uns wurde aufgetragen, zuzuhören und dabei zu lernen, aber wir hörten zu und lachten uns dann mit "unserem" Hansi durch die Räume des Schlosses.
Er begann seine Führungen mit den Sätzen: „Zur Zeit der Babenberger, als noch nicht die Krone des Heiligen Römischen Reiches die Häupter der Habsburger zierte, lebten Wölfe in den Wäldern, die den Schönen Brunnen umgaben. Die Wälder wurden gerodet, Weingärten angelegt und die Katterburg, ein Jagdschloss, wurde nahe den Ufern des Wienflusses erbaut. …..."
Der erste Eindruck, den man von Hansi hatte, war der eines seriösen Führers mit einem gewissen Hang zum melodramatischen Ausdruck - ein kurzer Eindruck, dem die Frage folgte: "Haben Sie alle Stuhl gehabt?"  In diesem Augenblick erstarrte die Gruppe vor Verblüffung!
Hansi stand da und langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus, bevor er fortfuhr: "Sie wissen schon - Kopf kühl, Füße warm, wenig Essen in dem Darm, hinten steht die Pforte offen, hat der Doktor nichts zu hoffen!" - Rasch folgte die Bemerkung: "Wer scheißt und pforzt*, der braucht kan* Orzt*." (*pforzt = pfurzt, kan = keinen, Orzt = Arzt)
Stille, Verblüffung, Entsetzen - dann erfüllte plötzlich ein Lachen den Raum.
Hansi setzte seine Führung auf diese äußerst unorthodoxe, melodramatische und etwas vulgäre Weise fort, wobei er aus seinem umfassenden Repertoire schöpfte, um jene Zuhörer zu amüsieren, die dazu nicht bereits zu schockiert waren.
In einer der Schubladen im Schreibtisch des Kaisers hatte er sich ein Staubtuch zurechtgelegt und während er darauf wartete, dass seine Gruppe ins Audienzzimmer kam, staubte er den Schreibtisch ab. Das war eine theatralische Vorstellung, die den Besuchern den Eindruck von einem Führer vermittelte, der seine Arbeit liebte, von einem Führer, der vor dem Kaiser und der Vergangenheit Österreichs den höchsten Respekt hatte.
Im Schlafzimmer (Sterbezimmer) des Kaisers begann Hansi dann über Kaiser Franz Joseph zu sprechen, wobei er bis ins kleinste Detail ging und das Leben des alten Kaisers sehr positiv darstellte, bevor er schließlich langsam und mit trauriger Stimme vom Tod des Kaisers am 21. November 1916 erzählte.
Er setzte mit der Andeutung einer Träne im Auge fort, als er beschrieb, wie Tausende von Menschen vorbeizogen, um dem Kaiser die letzte Ehre zu erweisen. Das Verblüffende daran war, dass sie bis zum vierten Tag nach seinem Tod zu ihm sprechen konnten. Die Besucher blickten erstaunt drein und ihre Augen begannen sich ebenfalls mit Tränen zu füllen. Da begannen Hansis feuchte Augen zu leuchten, als er seinen Satz beendete: „Aber der Kaiser gab keine Antwort.“
Im Rosa Zimmer wies er immer auf die Gloriette und erwähnte, dass während des Staatsbesuchs von Kennedy und Chruschtschow mehr als 2000 Dackel durch das Kanalnetz von Schönbrunn geschickt wurden, um nach Sprengsätzen zu suchen.
Später erhielten wir einen Brief von der Österreichischen Bundespolizei, in welchem stand, dass die Polizei gar nicht so viele Hunde besäße.

 

Henriette

Henriette Schamschula war eine der exzentrischsten Führerinnen. Sie dachte dauernd darüber nach, wie sie ihren Rundgang anders gestalten konnte. An einige ihrer Streiche wird man sich noch in Jahrzehnten erinnern.
So zeigte sie sehr gerne an die Decke, während sie etwas über den Boden erzählte.
Einmal rollte sie einen Overall zu einem Ball zusammen und stopfte ihn ordentlich unter ihren Pullover, bevor sie mit der Führung begann. Die "Schwangere" kam ganz gut voran, bis sie zum Zeremoniensaal kam, wo sie beinahe eine Fehlgeburt erlitt - das "Baby" begann zu rutschen. Die Besucher sahen sich gerade den kleinen Mozart an, als sie versuchte, ihr "Kind" wieder an den richtigen Platz zu ziehen ohne dabei beobachtet zu werden. Hilfe kam von einem unserer Studenten, Uli. Er wusste, dass Henriette nicht schwanger war, kam vorbei und fragte, ob sie Hilfe bräuchte und bot gleichzeitig an, die Führung für sie fortzusetzen. Unter dem Pullover wurde es ziemlich heiß und die Hitze spiegelte sich in Henriettes Gesicht, als sie diskret und leise, allerdings laut genug, damit es die Leute in ihrer Gruppe hören konnten, sagte: "Es ist in Ordnung, ich schaffe das schon." Man kann sich natürlich vorstellen, dass ihr viele Glückwünsche zuteil wurden und sie außerdem eine Menge Trinkgeld bekam.
Henriette machte auch Führungen mit einem schwarzen Zahn oder einem blauen Auge oder scheinbaren Gesichtsverletzungen. Ihr Make-up war so überzeugend echt, dass sich die Besucher unbehaglich fühlten. Die Touristen vermieden es sie anzusehen und drehten sich peinlich berührt zur Seite.
Die Bergl-Zimmer auf der Südost-Seite des Schlosses waren in den Sommermonaten für die Öffentlichkeit zugänglich. Da die meisten Touristen auf ihrem Weg in den Garten aber an ihnen vorbei gingen, wurden die Räume kaum von Besuchern frequentiert. Die beiden Kassiererinnen, die abwechselnd hier arbeiteten, hießen beide mit Spitznamen "Frau Bergl". Sie verbrachten den Tag damit, die Räume zu säubern, die Tageszeitung zu lesen und hin und wieder eine Eintrittskarte zu verkaufen.
Einmal wollte Henriette Frau Bergl irgendetwas zu tun geben und beschloss, sie anzurufen und so zu tun, als wäre sie eine Touristin.
"Ich habe gerade die Bergl-Zimmer besucht und in der Menge meinen linken Schuh verloren. Alles ist so schnell gegangen, ich bin hingefallen und habe meinen Schuh verloren. Es ist so peinlich und es klingt so komisch, aber ich kann nicht mit einem Schuh gehen. Oh Gott! Haben Sie ihn gefunden?"
Frau Bergl reagierte mit ziemlicher Ruhe und bat um eine Beschreibung des Schuhs.
"Es war ein grüner, glänzender Lackschuh mit einer roten Masche darauf."
Spätestens zu diesem Zeitpunkt glaubte Henriette, dass Frau Bergl erkannt hätte, dass es sich um einen Scherz handelte, aber das war nicht der Fall. Frau Bergl protokollierte den Verlust und rief, nachdem sie die Räume abgesucht hatte, im Aufenthaltsraum für die Schlossführer an und teilte dort mit, dass eine ziemlich konfuse Touristin einen grünen, glänzenden Lackschuh mit einer roten Masche in den Bergl-Zimmern verloren hätte.
Henriette wiederholte diesen Scherz, indem sie eine peinlich berührte Touristin spielte, die ihre Perücke verloren hatte und sich nun im Park versteckte, weil sie nicht glatzköpfig nach Hause gehen wollte.
Henriette war berühmt für solche Scherze und beide Kassiererinnen merkten bald, dass sie oft zum Ziel ihrer Scherze geworden waren.
Eines Tages, als Henriette Frau Bergl telefonisch bat, sich darauf einzustellen, dass eine russische Delegation gleich die Bergl-Zimmer besuchen würde, glaubte ihr Frau Bergl kein Wort, legte den Hörer auf und tat nichts dergleichen, ignorierte die Information. - Dreißig Minuten später betrat die russische Delegation die Bergl-Zimmer.

 

Meine Lehrzeit

Wir anderen, bzw. sagen wir lieber die Schlossführer "zweiten Ranges", hatten während der langen Wintermonate von November bis März wenig zu tun und wurden als Reinigungskräfte und Hausarbeiter eingesetzt. Unsere Pflichten waren immer unterschiedlich, aber das Putzen stellte unsere Hauptaufgabe dar.
Wir begannen um sieben Uhr morgens und arbeiteten uns zwei bis drei Stunden lang durch die Räume. Jedes Zimmer wurde abgestaubt und gesäubert, bevor Gruppen hindurch geführt wurden.
Zwei oder drei meiner Kollegen zogen dann ihre grauen Uniformen an und begannen um neun Uhr mit den Führungen; die anderen Guides setzten ihre Reinigungstätigkeiten fort.
Der Hausarbeiter teilte den Führern ihre Aufgaben zu, und schon bald begannen wir die Zimmerdecken mit unseren Straußenfederwedeln zu reinigen, wobei wir eine derartige Menge an Staub produzierten, dass die Besucher ohne anzuhalten durch die Räume "rannten". Der Staub wurde immerfort von einer Ecke des Zimmers in die andere bewegt. Wir schafften es nie, den Staub wirklich zu beseitigen, aber wir verteilten ihn so, dass er nicht sichtbar war.
Das Polieren der Böden war eine Aufgabe, der ich gerne nachging. Viele Stunden brachte ich damit zu, hin und her zu gehen und die Böden zu wachsen und zu polieren. Dabei war ich bemüht, meine Aufgabe besser auszuführen als mein Kollege am Vortag. Wir alle waren stolz auf unsere Leistungen und prahlten damit, wenn "unsere" Räume stärker glänzten als die unserer Kollegen. Ihre Antwort war, dass sie die folgenden Tage damit verbrachten, mit Verfahrensweisen für das Bodenpolieren zu experimentieren.
Jedes Jahr musste während der Wintermonate die Großreinigung durchgeführt werden. Das gehörte allerdings nicht zu unseren Lieblingsaufgaben, weil wir die schweren Möbel vorsichtig aus den Räumen bringen mussten, bevor wir mit dem eigentlichen Saubermachen beginnen konnten. Außerdem gab es da den Hausarbeiter mit Spitznamen "Goldhamster", der sogar bei minus 15 Grad Außentemperatur die Fenster aufriss und damit die Räume einem furchtbaren Temperatursturz aussetzte.
Es wäre sinnlos, alle Tätigkeiten aufzuzählen, denen wir nachzugehen hatten. Während die Zimmer von oben bis unten gereinigt wurden, machten wir uns mit jedem Zentimeter der Schauräume vertraut. Außerdem wurden wir immer wieder mit Restaurierungsarbeiten konfrontiert, wobei wir den Fachleuten bei ihrer Arbeit halfen und uns so etwas Fachwissen aneigneten.
Obwohl jene Jahre in Schönbrunn nicht als meine besten betrachtet werden können, waren sie doch zweifellos die interessantesten.
Diese frühen Jahre können wohl als meine Lehrzeit in Schönbrunn angesehen werden.

 

Die Flegeljahre

Die jüngeren Schlossführer waren beinahe immer diejenigen, die die Reinigungsaufgaben zu versehen hatten und deshalb betrachteten sie ihre älteren Kollegen als selbstsüchtig und unfair.
Wir, die "Jungen", arbeiteten bis Mittag hart. Während der Nachmittage wussten wir genau, wo wir wann zu sein hatten. Wir verbrachten die meiste Zeit damit, in den an die Schauräume angrenzenden Zimmern "herumzuhängen" aber tauchten sofort in den Räumen auf, sobald unser Chef seine Führung machte. Das wurde zu einer richtigen Gewohnheit und so begannen die Flegeljahre.
Wir fingen damit an, den "alten" Führern Streiche zu spielen.
Einer unserer Lieblingsspäße bestand darin, die Lerche des Herzogs von Reichstadt zu verstecken. Wir ersetzten die Lerche sorgfältig durch ein Plastiksparschwein oder einen Keramikpapagei und standen im Zimmer, wenn der Führer mit seiner Gruppe vorbeikam, ohne die Veränderung am Inventar zu bemerken. Wir dachten nie auch nur einen Moment lang an die Touristen und ihre Reaktionen.
Für uns war jeder Tag "1. April" und unsere Aktivitäten wurden mit den Jahren immer gewagter.
Den ganzen Tag zu putzen war nicht wirklich das, was wir tun wollten, also brachten wir viele Stunden damit zu, zu überlegen, wie wir zu einer Führung kommen könnten. Viel Zeit verbrachten wir damit, von einem der Telefone im ersten Stock aus die Führer im Aufenthaltsraum im Erdgeschoß anzurufen und sie für eine imaginäre Gruppe eine Tour vorreservieren zu lassen. Wir mussten dabei allerdings unsere Stimmen verstellen, indem wir mit deutschem oder holländischem Akzent sprachen.
Der Aufenthaltsraum für die Schlossführer wurde "Führerbunker" genannt. Er war ein kleiner, fensterloser Raum, der an die Eingangshalle angrenzte. Das Reservierungssystem bestand aus einem Kalender, der in der Ecke neben dem Telefon stand. Nicht sehr viele Personen riefen an und die einzigen Reservierungen, die aufgenommen wurden, waren für deutsche oder holländische Gruppen. Diese galten als großzügig, was das Trinkgeld betraf, und die älteren Führer betrachteten sie als "ihre" Gruppen.
Die "alten" Führer warteten dann auf die fiktive Gruppe, ohne zu begreifen, dass diese nie kommen würde und schickten einen der jüngeren Kollegen mit den "normalen" Gästen, die im Wartezimmer versammelt waren, auf Tour.
Wir machten gerne Führungen und so wurden die vorgetäuschten Reservierungen von Tag zu Tag mehr.
Rückblickend gesehen erfanden wir mit unseren "imaginären" Gruppen das erste Reservierungssystem in Schönbrunn.

 

Echtes Geld

Es ist nicht immer leicht mit Touristen umzugehen, bzw. der Art, mit welcher einige unserer Gäste mit ihrem offensichtlichen Wissensmangel in Bezug auf Österreich und seine Geschichte versuchen, Wien zu erkunden.
- "Ist das hier Schönbrunn oder die Hofburg?"
- "Haben die Hofburgs hier gelebt?"
- "War Maria Theresia mit Franz Joseph verheiratet?"
Solche Fragen sind normal, denn nur wenige Menschen können behaupten, sie wüssten über jedes Detail bescheid, was die Geschichte oder die Herrscher aller Ort betrifft, die sie jemals besucht haben.
Manchmal ist es aber sehr schwer höflich zu bleiben, besonders dann, wenn der Besucher versucht witzig zu sein aber dabei provoziert oder die Gefühle des anderen verletzt, indem er Geringschätzung zeigt.
Wie auch immer, Vorfälle wie diese sind nicht immer ärgerlich - sie können sogar sehr lustig sein.
Ich erinnere mich an einen deutschen Touristen, der versuchte eine Eintrittskarte für die Schauräume zu kaufen, indem er sagte: "Wie viel ist das (er meinte das Eintrittsgeld) in ECHTEM Geld?"
Der Kassier antwortete: "50 Schilling."
Der Deutsche fragte wieder: „Wie viel ist das in ECHTEM Geld?“
Der Kassier antwortete: "50 Schilling."
Das ging etwa fünf Minuten lang so weiter, bis der Deutsche schließlich fragte: „Wie viel ist das in Deutscher Mark?“
Der Kassier antwortete mit einem Lächeln: "Tut mir Leid! - Ich nehme nur ECHTES Geld an.“

 

Erfundene “Historische” Namen

Einige Räume hatten Namen, die im Lauf der Jahre von Schlossangestellten teilweise erfunden und weitergegeben wurden.

 

Die Bauleitung

Das Hauptbüro der Bauleitung lag bis in die 1980er Jahre in den ostseitigen Berglzimmern im Erdgeschoß.

Die Berglzimmer (Südwest)

Die Berglzimmer auf der Südwestseite des Schlosses wurden für die Aufbewahrung von Postkarten und Büchern verwendet. Der Einbau von Regalen und Gestellen hatte in den Räumen enorme Schäden verursacht, sodass sie nach 1992 als eines der vordringlichsten Projekte des Restaurierungsplanes galten.
Mein Büro und die Garderobe bzw. Teeküche für die Angestellten lagen bis 1994 neben den Berglzimmern.
Diese Räume sowie die bereits erwähnten Berglzimmer sind heute Teil des Kindermuseums.

Führerzimmer

Ein Aufenthaltsraum für die Schlossführer befand sich unter der Blauen Stiege, ein weiterer, etwas kleinerer Raum, den wir "Führerbunker" nannten, lag anschließend an das Foyer. Dieses Zimmer ist jetzt die Brandmeldezentrale (BMZ).
Eine Drehtür trennte das Foyer vom Vestibül, und eine Garderobe für Bälle und Bankette lag gegenüber der Blauen Stiege.

Chorraum

Der "Chorraum" hatte historisch gesehen wenig mit einem Chor zu tun, wurde jedoch jahrzehntelang vom Chor der Schlosskapelle für Proben verwendet.
Dies führte dazu, dass am ungeschützten Boden beträchtlicher Schaden angerichtet wurde und 1994, kurz nach der Privatisierung, musste er durch Bretter geschützt werden, um weitere Schäden zu vermeiden. Das Zimmer, das wie viele andere Räume im Erdgeschoß in einem sehr schlechten Reparaturzustand war, blieb bis zur Kronprinz-Rudolph-Ausstellung im Jahre 2008 für die Öffentlichkeit geschlossen.

Der Turnsaal

Der Begriff "Turnsaal" wurde über Jahrzehnte hinweg von einer Generation von Angestellten zur nächsten weitergegeben.
Es gibt keinen Beweis dafür, dass dieser Raum im Erdgeschoß jemals auch als solcher verwendet wurde.

Die Heizhäuser

Die Guides oder der Hausarbeiter begannen etwa fünf Tage, bevor ein Ball oder ein Bankett stattfand, die Räume zu beheizen. Die kalten Zimmer wurden so plötzlich der Wärme ausgesetzt, die Luftfeuchtigkeit nahm ab, und niemand hatte genug Fachwissen, um zu erkennen, welcher Schaden auf diese Weise angerichtet wurde. Kein einziger von uns war ein qualifizierter Heizer, also machten wir es so gut wir konnten und lernten durch unsere Fehler.
Die Art, wie wir die Kessel beheizten, war offensichtlich nicht richtig, sodass der Schamott nach nur wenigen Empfängen erneuert werden musste.
Wir schafften es einfach nicht die Öfen unter Kontrolle zu halten und überheizten sie dauernd. Das führte schließlich dazu, dass ein qualifizierter Heizer vom Ministerium kam und unseren Angestellten Instruktionen gab.
Wir waren überrascht, wie falsch man liegen konnte. Die Reparaturen und die Beschwerden über zu heiße Räume waren damit eine Sache der Vergangenheit.
Ich selbst hatte das „Vergnügen“ einer der letzten Heizer von Schönbrunn zu sein und erinnere mich noch sehr gut an die Kessel, die in Verwendung standen. Viele der Bälle und Empfänge, die in meinen ersten Jahren in Schönbrunn stattfanden, waren, gelinde gesagt, eine äußerst heiße Angelegenheit für mich.
Die großen Kessel in den Heizhäusern wurden 1995 entfernt.

Die britische Telefonzentrale (Gisela Räume)

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges drang die Rote Armee nach Wien vor und übernahm die Stadt und im Zuge dessen auch das Schloss Schönbrunn. Im späteren Verlauf des Jahres, sobald die Stadt in Zonen eingeteilt war, wurde Schönbrunn von der Britischen Armee besetzt und blieb bis 1948 das britische Hauptquartier.
In den Giselaräumen im Erdgeschoß bauten die Briten eine der modernsten Telefonzentralen der 1940er Jahre ein.
Die britische Armee benützte Schönbrunn samt seinen Nebengebäuden für Büros und Unterkünfte für Armeeangehörige. Ende 1948 konnten die Briten mit der Benützung der Maria Theresien Kaserne am oberen Ende des Geländes hinter der Gloriette beginnen.
Langsam übersiedelten viele der britischen Militärbüros und beinahe das gesamte Personal in die Maria Theresien Kaserne.
1948 wurde das Schloss selbst an die österreichische Regierung zurückgegeben, die britische Telefonzentrale aber blieb bis etwa 1955 in den Giselaräumen des Schlosses.

Fotokammer

Bei der "Fotokammer" handelt es sich um einen kleinen Korridor zwischen der Kleinen Galerie und der Ovalstiege. Diese schmale Kammer wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Aufbewahrungsraum für Fotoausrüstungen verwendet. Ein Fotograf durfte die Gruppen während der Führungen in der Kleinen Galerie fotografieren, entwickelte die Bilder in der Fotokammer rasch und bot sie dann beim Ausgang den Besuchern zum Kauf an.

Fliegenkabinett

Das Miniaturenkabinett im Ostflügel neben dem Millionenzimmer wurde von den Bediensteten stets als "Fliegenkabinett" bezeichnet. Dieses Zimmer war nämlich immer völlig verschlossen und voller toter Fliegen und Marienkäfer.

Tischlerei

Die "Tischlerei" befand sich im jetzigen Shopbereich in der Nähe des Ausgangs. Diese Räume wurden nach dem Krieg von Tischlern benützt, um von dort aus die Reparaturarbeiten im Gebäude durchzuführen, sie waren aber nie eine ständige Werkstatt.

Staatsempfänge, Bälle und Bankette

Die Räume zwischen dem Arbeitszimmer Kaiserin Elisabeths und dem Zeremoniensaal wurden bis 1994 immer für Staats- oder Regierungsempfänge sowie Bälle verwendet.

 

Räumlichkeiten, die bis 1994 für Empfänge verwendet wurden

Zwischen 1974 und 1994 versah ich bei Dutzenden solcher Empfänge und bei etwa 50 Bällen meinen Dienst.
Bereits Tage bevor der Empfang stattfand eilten Dutzende Kollegen durch die Räume, schleppten Möbel, Teppiche, Vasen und Uhren und führten die notwendigen Reparaturarbeiten am Boden und in den Räumen durch.
Sämtliche Schlossangestellten einschließlich der Bediensteten anderer Abteilungen wie zum Beispiel des Bauhofs und der Angestellten des Tiergartens waren zusammen an den Vorbereitungen beteiligt.
Am Tag des Empfangs bereitete zusätzliches Personal, das vom Bundeskanzleramts geschickt worden war, die Räume für das Ereignis selbst sowie für das notwendige Catering vor.
Etwa 250 Tische und mehr als 1.200 goldene Stühle wurden in den Räumen aufgestellt. Jeder Tisch war schön dekoriert und sah königlich aus.
Die Buffets waren immer eine prachtvolle Darstellung des Könnens aller Beteiligten. Die Angestellten der beiden Cateringfirmen (meistens Demel und Gerstner) beobachteten stets gegenseitig ihre Leistungen.
Vor Beginn des Empfanges wirkte alles wie ein kaiserliches Bankett.
- Einfach großartig.
Die meisten Empfangsräume wurden von vier riesigen Kesseln aus, die sich im Erdgeschoß befanden, beheizt. Mittels starker elektrischer Ventilatoren wurde die Wärme durch Ventilationskanäle in die Zimmer geleitetet, was eine angemessene Wärmezirkulation bewirkte. Weitere Räume wurden mittels eines großen Gaskonvektionssystems beheizt, welches sich in der an das Marie Antoinette Zimmer angrenzenden Westküche befand. Dieses zusätzliche Heizsystem wurde nach 1950 eingebaut, damit mehr Räume für Empfänge benutzbar waren.
Unmittelbar nachdem der letzte Gast gegangen war, mussten die Schlossangestellten so lange arbeiten, bis die Räume für die Führungen, die am selben Morgen um neun Uhr begannen, bereit waren.
Um 4 oder 5 Uhr bemühten sich dann alle noch schnell vor Arbeitsbeginn einen Platz zum Schlafen zu finden. Die Schauräume verwandelten sich plötzlich in Schlafquartiere.
Jede Couch, jeder Sessel bzw. jede flache Oberfläche wurde schnell in ein Bett verwandelt. Sogar der Billardtisch im Billardzimmer wurde für diesen Zweck adaptiert.
Nur eines der Betten war benutzbar, es stand im Schlafzimmer Erzherzog Franz Karls und seiner Gattin Sophie (Reiches Zimmer). Das Bett (welches heute nicht mehr ausgestellt ist) war 1979 für Szenen des Films „Der Gefangene von Zenda“ adaptiert worden und hatte eine Schaumstoffmatratze.
Nach einem Empfang beschloss Eva Schliefelner, eine der Putzfrauen, bestens unter ihrem Spitznamen „Schwarze Perle“ bekannt, in diesem Bett zu schlafen.
Um etwa 8 Uhr begannen sich alle Angestellten für die Führungen fertig zu machen und jene, die noch schliefen, wurden aufgeweckt. Alles schien recht normal abzulaufen, aber wir waren sehr müde und merkten nicht, dass die Schwarze Perle immer im kaiserlichem Gemach noch immer tief schlief.
Die erste Gruppe kam um etwa 10 Uhr in diesen Raum.
Die Schwarze Perle erwachte. Sie lag versteinert da und wagte sich nicht zu rühren. Der arme Führer war überrascht und versuchte den offensichtlichen Buckel unter den Decken zu übersehen.
Die Beobachtung der Besucher aber wurde nicht hinterfragt.

 

Schönbrnn nach 1980

Der "Boss", Otto Sejchovsky ging 1978 in Pension und ein Jahr danach gestaltete sich der Tagesablauf der Führer der Schauräume völlig chaotisch und unorganisiert. Die Mannschaft war durch den täglich stattfindenden Kartenmissbrauch und die damit verbundene Korruption und Bestechung in zwei Lager gespalten. Wir waren mit einem Problem konfrontiert, das niemand von uns wirklich wollte und woran nur wenige aktiv teilhatten. Unsere größte Sorge war, dass es im Falle einer polizeilichen Ermittlung schwierig, wenn nicht unmöglich gewesen wäre zu behaupten, dass wir über den Missbrauch nichts wüssten. Wir waren Zeugen täglich stattfindender Korruption, die sowohl Kunden als auch Angestellten zum Vorteil gereichte.
Jene Angestellten, die nicht in diese zwielichtigen Machenschaften involviert waren, versuchten die beteiliten Kollegen auffliegen zu lassen. Die Arbeitstage wurden immer angespannter, während die Zeit verging. Die Verwaltung von Schönbrunn war sich der Lage offensichtlich nicht bewusst, wodurch unsere Situation immer prekärer wurde. Wir "Jungen" spürten den Verfall der Sitten und beschlossen uns dagegen aufzulehnen. Das führte zu einigen Aktivitäten unsererseits, welche uns in unserer Position als Untergebene vielen Anschuldigungen von Ungehorsam aussetzte. Wir standen manchmal kurz davor unsere Jobs zu verlieren. Es ist schwer sich vorzustellen, was geschehen wäre, wenn dies der Fall gewesen wäre.
Eines Morgens, als ich von einem Kurzurlaub zurückkehrte, konfrontierte mich mein Kollege Bernhard Herr mit der neuen Lage. Offenbar waren die Probleme während meiner Abwesenheit unerträglich geworden. Bernhard sah mich als Sprecher unserer Gruppe an und stellte mir ein Ultimatum - entweder ich erstattete eine offizielle Meldung über die stattfindenden Ereignisse, oder ich würde von ihm und den anderen Kollegen als Komplize der in die Korruption Involvierten betrachtet werden. Dieses Ultimatum hatte zur Folge, dass ich während der nächsten Monate eine Reihe von Berichten verfasste, was schlussendlich zu einer Reorganisation der Verwaltung der Schauräume beitrug.
 

Meine Chance

1984 bekam ich die Möglichkeit die Leitung und Verwaltung der Schauräume zu übernehmen. In den nun folgenden Jahren war ich an den ersten Schritten zur Modernisierung der Führungen und der überholten Verwaltung der Schauräume beteiligt. Ich sah viele Veränderungen, sowohl in meiner Arbeit, als auch in der Art und Weise, wie das Schloss geführt wurde. Meine Hauptaufgaben waren die Erhaltung der Schauräume und mich um die Bedürfnisse der ganzen Abteilung zu kümmern.
Die Hauptverwaltung oblag der Schlosshauptmannschaft Schönbrunn, welche wiederum dem Bundesministerium für Handel und Wirtschaft unterstand.

 

Die Eintrittskarten

Die Eintrittskarten mussten überarbeitet werden. Die Blocks zu je 100 Karten, die viele Jahre lang in Gebrauch gewesen waren, mussten durch Einzelkarten ersetzt werden, wobei auf jeder Eintrittskarte die Besucheranzahl deutlich sichtbar war. Zu dieser Zeit war dieses System nicht gebräuchlich, die meisten Museen verwendeten zahllose aus Einzelkarten bestehende Rollen. Ich wurde damit beauftragt, die Eintrittskarten so bald wie möglich einer Überprüfung zu unterziehen und ein neues System zu entwerfen.
Der Hauptkassier war mein alter Kollege Bernhard. Wir beschlossen gemeinsam, so viele Eintrittskartensysteme und Geräte wie möglich zu prüfen und arbeiteten monatelang daran, ohne eine richtige Vorstellung davon zu haben, was wir tun könnten. Das beste System, welches damals auch das einzige computerisierte Eintrittskartensystem darstellte, war jenes, welches bei Schiliften in Verwendung war. Auf diese Karten war das Gültigkeitsdatum in 10mm großen Buchstaben gedruckt, wodurch die Angestellten in der Lage waren, rasch die korrekte Bezahlung zu überprüfen, während die Gäste an ihnen vorbeigingen.
Wir beschlossen, die Liftkarten für den Gebrauch in einem Museum anzupassen und so wurde eine spezielle Tastatur entwickelt, die unseren Bedürfnissen entsprach. Der Computer ermöglichte es uns außerdem, die täglich und monatlich anfallenden Buchhaltungslisten leicht zu führen. Dies war eines der ersten, wenn nicht das erste computerisierte System für Eintrittskarten, welches in einem Museum verwendet wurde. Die Schlossführer konnten die Besucheranzahl sofort anhand einer einzigen Eintrittskarte feststellen und mussten nicht länger die Einzelkarten zählen.
Heute könnte man vielleicht meinen, dass das nicht erwähnenswert sei, da die meisten Museen mittlerweile ähnlich arbeiten und ständig neue und noch wesentlich professionellere Systeme auf den Markt kommen. Wie auch immer, unsere neue Vorgehensweise führte zu einem Anstieg von mehr als 350.000 zahlendenden Gästen pro Jahr. Dieser plötzliche Anstieg der Besucherzahl zeigt, was Manipulation für ein Museum bedeutet und welch große Einkommens-verluste aufgrund mangelnder Kontrolle entstehen können.
Fünf Jahre später wurde eine große Zahl von Angestellten eines nahe gelegenen Museums, die in ihre eigenen Taschen gearbeitet hatten, der Kartenmanipulation beschuldigt und auch verurteilt. Die meisten von ihnen verloren ihre Jobs. Solche Vorfälle zeigten uns, dass meine Kollegen und ich recht daran getan hatten, sich an den üblen Machenschaften früherer Jahre nicht zu beteiligen. Wir hatten gerade noch rechtzeitig auf ein verlässliches System gesetzt.

 

Zweisprachige Führungen

Zweisprachige Führungen waren in Schönbrunn an der Tagesordnung. Die Führer mussten mit großen Besuchergruppen durch das Schloss gehen und dabei von einer Sprache zur nächsten wechseln.
Ich musste solche Führungen jahrelang machen, und weiß daher, dass es für die betroffenen Besuchern die unbeliebteste Art war, das Schloss kennenzulernen. Wir konnten nicht wirklich eine informative Führung machen, wie wir es gewollt hätten, denn die Gäste wurden in Blocks von bis zu 40 Personen pro Sprache (= 80 Teilnehmer) durch die Zimmer gelotst. Der Führer musste pro Tag mehr als fünf solcher Touren machen und oft sofort nach Beendigung einer Besichtigung ins Wartezimmer gehen, um die nächste Gruppe zu übernehmen.
Ich beschloss, die zweisprachigen Führungen sofort einzustellen und die Touren zu verbessern, indem ich die Zahl der diensthabenden Führer aufstockte und die Besucherzahl auf 40 pro Rundgang beschränkte. Während der folgenden Jahren verdoppelte bzw. verdreifachte ich die Anzahl der Führer und bekam den Ruf, der teuerste Schauraumleiter, der je in Schönbrunn angestellt gewesen war, zu sein. Ich empfand diese Behauptung als etwas unfair, weil sie nicht die mit dem steigenden Niveau und der Qualität der Führungen einhergehende laufend wachsende Besucherzahl bzw. die entsprechenden Einkünfte berücksichtige.

 

Geführte Touren

Bis 1984 gingen die Touren durch das Runde Chinesische Kabinett, die Kleine Galerie ins Ovale Chinesische Kabinett und weiter durch das Rössel Zimmer in den Zeremoniensaal. Die Führer leiteten ihre Gruppen dann durch den Ostflügel, bevor sie in den Zeremoniensaal zurückkehrten und gingen direkt weiter ins Karussellzimmer, um die Kollegen auf der anderen Seite des Zimmers nicht zu stören. 
Die Große Galerie war der Höhepunkt der Tour und gab den Führern die Möglichkeit zu einem großartigen Finale, bevor man das Laternenzimmer am Ende des Rundganges betrat Diese Art, die Führungen abzuwickeln und die enorme Besucherzahl zu bewältigen, war meine erste große Herausforderung.
Das Runde bzw. das Ovale Chinesische Kabinett waren immer ein Grund zur Besorgnis gewesen, weil diese Räume leicht beschädigt werden konnten. Tausende Besucher gingen durch diese äußerst wertvollen Räume, und wir hatten in diesem Teil des Schlosses ohnehin mit Sicherheitsproblemen zu kämpfen. Die Wände und die chinesischen Lackarbeiten waren beschädigt worden. Auch für die wertvollen Vasen bestand Gefahr und daher musste so schnell wie möglich etwas geschehen. In früheren Jahren hatte es bereits den Plan gegeben, die Führungen in diesem Teil des Schlosses einzustellen, aber nur wenig bis gar nichts war unternommen worden. Besprechungen wurden abgehalten, Pläne entworfen und dann folgte ein endloses Warten darauf, dass endlich eine Entscheidung gefällt würde.
Endlich kam im Jahre 1984 die Erlaubnis, die Veränderungen durchzuführen. Beide Räume wurden für ein Jahr völlig geschlossen. In die Türrahmen wurden Glastüren eingesetzt, um es den Besuchern zu ermöglichen, die Zimmer zu sehen ohne sie zu betreten. So konnten wir im Rösselzimmer einen Esstisch (Marschalls Tafel) ausstellen. Eine Erlaubnis dazu wäre in früheren Jahren wegen Sicherheitsmängeln nie erteilt worden. Zum ersten Mal konnten wir der Öffentlichkeit nun äußerst wertvolle Dinge präsentieren.
Nach der Privatisierung im Jahre 1992 führte die Verwendung von Glas dazu, dass eine stetig wachsende Zahl von Gegenständen ausgestellt werden konnte, was schließlich in vielen Räumen den ursprüngliche Charakter vermehrt ans Licht brachte. Diese wichtige Veränderung ermöglichte es uns, die Blaue Stiege als Eingang zu den Schauräumen und die Kapellenstiege als Ausgang zu benützen.

 

 "Führer"?

Als Besucherservice wollte die Verwaltung, dass die Schlossführer ein Namensschild tragen sollten. Angesichts dieser Idee waren wir aber aufgebracht, denn wir wollten anonym bleiben. Im Lauf der Zeit jedoch mussten wir der Idee zustimmen. Zunächst wollten wir lediglich unseren Vornamen auf dem Schild sehen, doch die Verwaltung bestand darauf, jeden Namen auch wirklich mit dem entsprechenden Führer in Verbindung bringen zu können. Schließlich stimmten wir zu, dass jedem Guide eine Nummer zugewiesen wurde. Die ersten Schilder, die wir erhielten, hatten die Aufschrift "Führer 1", "Führer 2" usw.
Ich trug das Schild "Führer 1" - Ach, ich Ärmster...
Das deutsche Wort "Führer" war ein legitimer Begriff, der auch neutral verstanden wurde. Er wurde von den Touristen und allen Betroffenen akzeptiert.
1986 wurde Dr. Kurt Waldheim zum österreichischen Bundespräsidenten gewählt. Waldheims Zögern, Informationen über seine Rolle als Offizier der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg zu geben, führte zu internationaler Kritik. Während des Wahlkampfes und nach der Wahl gingen täglich Berichte über den Nationalsozialismus durch die österreichische und viel mehr noch durch die internationale Presse. 
Plötzlich wurde das Wortes "Führer" zum Problem und Beschwerden oder Scherze wurden Teil unseres Berufes. Wir wurden von den Touristen dauernd "Führer" oder "Adolf" genannt.
Die simple Aufgabe, die Eintrittskarten zu kontrollieren, führte zwischen jenen, die die Karten überprüften und den Gruppen, die nicht genügend Karten gekauft hatten, zu Konflikten. In solchen Situationen wurde Österreich unfairerweise mit einem Polizeistaat verglichen, oder die Angestellten wurden als "Nazis bezeichnet. Es war verblüffend zu beobachten, wie ein normaler Tourist durch den Journalismus so negativ beeinflusst werden konnte, dass bis dahin in der deutschen Sprache gebräuchliche Wörter nicht länger verwendet werden konnten und durch englische Wörter und Phrasen ersetzt werden mussten. Diese Situation wurde immer unangenehmer und schließlich verlangten die Schlossführer neue Schilder. Wir ersetzten das Wort „Führer“ durch das harmlose Wort "Guide und das Problem, das die ersten Schilder verursacht hatten, war schnell vergessen.
 
 

Vorbestellungen

1985, kurz vor der Katastrophe von Tschernobyl, zählten wir über 1.650.000 Besucher pro Jahr. Alle externen Fremdenführer kamen zwischen 9.00 und 10.00 Uhr vormittags und 15.00 und 16.00 Uhr nachmittags. Das Anstellen war für die Gruppen, die ins Schloss wollten, ein täglich stattfindender Horror. Die Schlange, die zum ersten Raum führte, war endlos lang, und viele Führer mussten bis zu zwei Stunden warten, bevor sie mit ihrer Tour beginnen konnten. Ich entschied, dass ein System zur Abwicklung der Vorbestellungen eingeführt werden musste, aber aufgrund unseres knappen Budgets gab es nur wenige Lösungsmöglichkeiten. Von Montag bis Freitag war ich alleine im Büro der Schauräume; die Wochenenden wurden vom dienstältesten Führer abgedeckt.
Ich brauchte Hilfe!
Gemeinsam mit einem Kollegen entwickelte ich das erste Vorbestellungssystem, welches darauf fußte, dass die Fremdenführer bei ihrer Ankunft auf ihre Eintrittskarte einen Aufkleber (ein Pickerl) mit der Eintrittszeit bekamen. Die Führer wurden gebeten in den Garten zu gehen und erst zur angegebenen Zeit wieder zu kommen. Dieses System funktionierte recht gut, bis einer meiner Kollegen (Shorty) den Pickerldienst übernahm und, ohne daran zu denken, dass es pro Stunde nur 60 Minuten gibt, Eintrittszeiten wie etwa 09.75 Uhr ausgab. 
Einige Führer erschienen plötzlich in meinem Büro, beschwerten sich über die vorgegebene Zeit und baten mich um eine Erklärung, was denn 09.75 oder 09.80 eigentlich bedeuten sollte. Nach solchen Beschwerden begann ich mit der Einführung eines Vorbestellungssystems, wie es noch ähnlich heute in Verwendung ist.
Wir hatten keinen Computer, auf den wir uns verlassen konnten, und waren daher gezwungen, mit selbst angefertigten Tabellen zu arbeiten. Termine wurden in Abständen von fünf Minuten vergeben und die Bestellung musste im Voraus gemacht werden.
Ich beantragte und erhielt auch zusätzliches Personal, um die neue Lage bewältigen zu können. Anna Langer (Spitzname Bauxie) wurde ins Schauraumbüro versetzt, damit sie mir bei der Organisation und der Arbeit mit dem neuen Vorbestellungssystem helfen konnte. Bauxie musste von Hand Listen zeichnen und während sie den ganzen Tag im Büro saß und hunderte Telefongespräche entgegen nahm, trug sie auch die Namen der Fremdenführer mit ihrer reservierten Eintrittszeit in die Listen ein. Die Vorbestellungen liefen sehr gut und innerhalb von ein paar Wochen buchten alle Fremdenführer im Voraus. Dies führte dazu, dass die zu den Prunkräumen führende Stiege plötzlich menschenleer war. Die Führer konnten sich auf ihre vorgegebenen Zeiten verlassen und erkannten rasch die Vorteile des neuen Systems. Kurz nach Bauxies Pensionierung im Jahre 1995 erhielten wir den ersten Computer für die Reservierungen.

 

Kompetenzverteilung

In den 1980er Jahren wurde die Aufteilung der Kompetenzen immer notwendiger und besonders kurz vor der Privatisierung war es nicht länger möglich, die Schauräume allein zu leiten. Doris Lochmann war schon viele Jahre lang meine rechte Hand gewesen und teilte ab jetzt die täglich wachsenden Aufgaben bzw. Pflichten mit mir.
Dorli („Dolly“) und ich arbeiteten intensiv daran, die Vorgehensweise bei den Buchungen zu modernisieren. Wir konnten sehr rasch ein neues und effizientes Computersystem einrichten, welches bis 2007 nicht maßgeblich verändert werden musste. Dorli hatte sich bereits mit ihrem Fleiß und ihrer äußerst exakten Arbeitsweise im Millionenzimmer und dem Rösselzimmer einen Namen gemacht.
Im Zweiten Weltkrieg war das Millionenzimmer eines jener Zimmer, welches komplett ausgeräumt wurde. Alle Ausstellungsstücke wurden nummeriert und in die Salzbergwerke nach Salzburg und Oberösterreich gebracht, um dort bis zum Kriegsende sicher aufbewahrt zu sein.
Im Jahre 1948 wurde das Millionenzimmer neu eingerichtet, aber die indo-persischen Miniaturen, welche auf das 17. Jahrhundert zurückgehen, zeigten große umweltbedingte Schäden, die sie über die Jahrhunderte hinweg erlitten hatten. Während der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts musste Dorli die Entfernung der Mogulminiaturen und ihren Ersatz durch Fotografien der Originale überwachen. Dorli erkannte bald, dass die Miniaturen im Zuge der Wiederaufstellung im Jahr 1948 falsch platziert worden waren, und musste nun sicherstellen, dass die Fotos der Originale laut einer alten Beschreibung aus dem Jahr 1923 von Josef Strzygowski, korrekt platziert wurden.
Die Miniaturen wurden in die Nationalbibliothek geschickt, wo sie begutachtet und instand gesetzt wurden. Im Jahre 2008 wurden die Miniaturen zurück nach Schönbrunn gebracht und werden nun unter speziellen Bedingungen aufbewahrt, um weiteren Umweltschäden vorzubeugen.

 

Die Kampagne gegen die Privatisierung

1987 war der "Thatcherismus" im Begriff, in Österreich Fuß zu fassen, und die neu gewählte Regierung (eine Große Koalition aus SPÖ und ÖVP) dachte über die Privatisierung vieler vom Staat geführter Institutionen, so auch Schönbrunn, nach.
Die staatliche Verwaltung Schönbrunns brauchte zusätzliche Einnahmen, um die Fortsetzung wichtiger Renovierungsaufgaben und Restaurierungsprojekte zu ermöglichen, hatte jedoch seit 1985 keine Erlaubnis bekommen, die Eintrittspreise zu erhöhen.
Wenn man bedenkt, dass die jährliche Besucherzahl zu dieser Zeit konstant bei etwa 1.250.000 lag, war es klar, dass dabei kein zusätzlicher Gewinn eingefahren werden konnte und somit eine stetig wachsende Diskrepanz und schwere Verluste entstanden.
So wurde in den der Privatisierung vorangehenden Jahren keine weitere Genehmigung für groß angelegte Restaurierungsarbeiten erteilt, und die Projekte bzw. Ideen wurden auf Eis gelegt. Die Schlossverwaltung (also die Schloßhauptmannschaft Schönbrunn) war mit der praktisch unmöglichen Aufgabe konfrontiert, den riesigen Gebäudekomplex zu erhalten, während gleichzeitig das Budget für derart kostspielige, aber essentiell wichtige Arbeiten sukzessive auf ein Minimum reduziert wurde.
Zur selben Zeit wurde die öffentliche Meinung durch die permanent negative Presse bzw. Kritik stark beeinflusst. Die Medien berichteten laufend über den schlechten Zustand des ganzen Komplexes, über die Verwahrlosung des Gebäudes, die angeblich nachlässige Führung des Schlosses und die Unfähigkeit der staatlichen Verwaltung bzw. der Beamten überhaupt.
Der Österreichische Rundfunk (ORF) lud eine unserer Kolleginnen, die Betriebsrätin Doris Lochmann zusammen mit bekannten Kritikern, Korrespondenten und Politikern zu einer Diskussion über die Privatisierung Schönbrunns ein. Die damals sehr populäre Sendung „Club 2“ war eine Chance unseren Standpunkt publik zu machen und der bereits sehr großen Voreingenommenheit gegenüber der staatlichen Verwaltung Schönbrunns entgegenzutreten. Einen Tag, bevor die Sendung stattfinden sollte, wurde Doris Lochmann mitgeteilt, dass eine externe Fremdenführerin an ihrer Stelle an der Sendung teilnehmen würde. Diese Nachricht wurde von meinen Kollegen naturgemäß äußerst negativ aufgenommen, weil wir sicher waren, dass unsere Meinung von einem externen Führer nicht entsprechend dargestellt werden konnte.
Diese unerwartete Entwicklung führte zu einem Aufruhr in Schönbrunn sowie zu Streikdrohungen. Allerdings handelte es sich dabei um eine sehr kurzlebige und flüchtige Opposition, die keinerlei Wirkung erzielte. Die Medien berichteten weiterhin negativ über Schönbrunn, seine Verwaltung und die Beamten.
Die öffentliche Meinung, die Einschätzung und Beurteilung der Lage deutete auf eine mögliche Privatisierung hin. Die Slogans lauteten damals etwa: „Kein Ausverkauf“, „Kein ausländischer Eigentümer“ oder „Kein Disneyland“. Die Neuorganisation Schönbrunns wurde zum Tagesthema und durch den Druck der öffentlichen Meinung wurde Schönbrunn 1992 privatisiert. Die Schloßhauptmannschaft Schönbrunn wurde durch die Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. ersetzt. Ein kleines Team von „alten“ Angestellten schied aus dem Staatsdienst aus, um die neue Verwaltung zu unterstützen. Bei diesen Pionieren handelte es sich um die selben Angestellten, die im Zuge der Privatisierung harscher Kritik ausgesetzt gewesen waren. Sie sollten weniger als ein Jahrzehnt später die Früchte einer positiven öffentlichen Meinung ernten.

 

Die Privatisierung

1992 wurde Schloss Schönbrunn sowie seine Nebengebäude unter die Verwaltung und das Management der Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H., einer Privatfirma, gestellt. Die folgenden Jahre können nur als turbulent bezeichnet werden.
Die Privatfirma ermöglichte es, dass lang vergessene Pläne und Projekte nochmals überdacht wurden, Schönbrunn erfuhr einen neuen Aufschwung. Plötzlich wurde im Schloss laufend modernisiert und alles auf den neuesten Stand gebracht. Die Schauräume wurden Teil groß angelegter Restaurierungsarbeiten, wobei zum ersten Mal das Augenmerk auf die Authentizität gelegt wurde.

 

Veranstaltungen und Aktivitäten

Zu Zeiten der Schloßhauptmannschaft mussten viele Konzerte, Bälle, Bankette und Empfänge aller Art organisiert werden. Diese Veranstaltungen hatte auf die Böden und Innendekoration des Schlosses eine zerstörerische Wirkung. Das starke Einheizen, das für diese Veranstaltungen notwendig war, führte zu einer Verringerung der Feuchtigkeit in den Räumen. Dem folgte ein Ansteigen der Luftfeuchtigkeit während der Empfänge selbst, was Kondensationsprobleme an den Wänden, den Fenstern und Gemälden in den verwendeten Räumen verursachte. Nur zu oft waren die Gemälde wegen der Kondensation nicht erkennbar und das Wasser hinterließ sichtbare Spuren an den Gemälden und Fenstern, als es an ihnen hinunterlief.
Ein weiteres Problem stellte der Geruch von Zigarettenrauch dar, der am folgenden Morgen natürlich noch spürbar war. Außerdem waren die gewachsten Parkettböden mit Flecken übersät, wobei Rotweinflecken für die Reinigungskräfte das Hauptproblem darstellten.
1993 entschied die Verwaltung, die Räume nicht länger für Bälle und Empfänge zu verwenden. - Dieser Entscheidung kann nur Beifall gezollt werden.
Das alte Heizsystem mit seinen großen Kesseln im Erdgeschoß und den starken Elektroventilatoren, die die warme Luft durch Ventilationskanäle in die meisten Räume im Schloss bliesen, war entfernt worden und durch ein modernes Heizsystem, das sich auf die Räume im Erdgeschoß beschränkt, ersetzt. Die Schauräume profitieren indirekt von der aufsteigenden Wärme und werden so der Hitze nicht direkt ausgesetzt.
Nichts desto trotz beschloss die Regierung in der ersten Hälfte des Jahres 2006, Schönbrunn während der EU-Präsidentschaft Österreichs für Staatsbankette und Empfänge zu nutzen. Wir waren überrascht, als wir plötzlich mit den Vorbereitungen für zwei große Veranstaltungen konfrontiert waren. Die wichtigsten Voraussetzungen für solche Veranstaltungen waren nicht mehr vorhanden. Selbst die meisten Böden waren aufgrund der in den 1990ern getroffenen Schutzmaßnahmen nicht mehr benützbar.
Das Hauptproblem aber war die nun fehlende Heizung in den Prunkräumen. Übergangsmäßig wurde ein Heizsystem installiert und die Große Galerie und die angrenzenden Räume wurden für die Veranstaltungen vorsichtig auf die gewünschte Temperatur gebracht.
Heute gestattet die Schlossverwaltung eine bestimmte Anzahl von Konzerten in der Großen Galerie. Außerdem dürfen einige Räume im Erdgeschoß für kleinere Festlichkeiten, Cocktails, Hochzeiten, Konzerte und ähnliches genützt werden.
Mein Kompliment geht an alle Angestellten: Bürobedienstete, Hausarbeiter, Reinigungskräfte, Schlossführer, Aufsichten oder wen auch immer, für die sorgfältige Planung, für die Organisation und die Durchführung, die solche Veranstaltungen erst ermöglicht. Ohne das großartige Zusammenspiel aller, wären wir nie in der Lage gewesen, so viele Events reibungslos durchzuführen.

 

Instandhaltung

Als ich Anfang der 80er Jahre die Verantwortung übernahm, waren die Schauräume in einem denkbar schlechten Zustand, da sie während der Zwischenkriegszeit und in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg einer enormen Abnützung ausgesetzt gewesen waren und daher dringend einiger Reparaturarbeiten bedurften. Besonders die Kronleuchter und Girandolen (Kerzenhalter) waren in einem besorgniserregenden Zustand.
Eine der Hauptaufgaben der Schauraumleitung ist es, einfachen, grundlegenden Instandhaltungsarbeiten nachzugehen. Kilometer von Teppichboden müssen gekauft, instand gehalten, gereinigt und abgenutzte Teppiche müssen ersetzt werden. Die Kronleuchter müssen ständig kontrolliert und gewartet werden.
Die Bauleitung des Schlosses war und ist für wichtige Projekte sowie die Reparaturarbeiten zuständig. Ein Großteil der Instandhaltungsarbeiten wird von ihren Angestellten (dem Bauhof) vorgenommen. Restaurierungs- und Konservierungsarbeiten müssen von Spezialisten vorgenommen werden, eine notwendige aber kostspielige Verpflichtung.
Die Reinigungskräfte müssen sorgfältig angelernt werden. Das Ziel dieser Schulung ist es, Vernachlässigung und Gedankenlosigkeit dadurch zu reduzieren, dass die Reinigungskräfte mit Angelegenheiten der Konservierung und Restaurierung konfrontiert werden, dass sie darüber informiert und in sie eingebunden werden. Die Reinigungskräfte können auf diese Weise das nötige Wissen erwerben und auch die Komplexität der Restaurierungsarbeiten schätzen lernen.
Die „Damen“, wie unsere Reinigungskräfte genannt werden, stammen aus aller Herren Länder. Die meisten von ihnen kamen während des Balkankrieges als Flüchtlinge nach Österreich. Ethnische und religiöse Probleme waren nie von Wichtigkeit, als wir damit konfrontiert waren, ein aus serbischen, kroatischen und bosnischen Frauen bestehendes Team zusammenzustellen, welches schließlich in der Lage sein sollte, in Harmonie zusammenzuarbeiten. In den darauf folgenden Jahren wurde die Belegschaft durch Österreicherinnen und Philippinerinnen verstärkt, und ist ein heute ein multikulturelles Team.
Die Aufgaben der Hausarbeiter bestehen in kleineren Instandhaltungsarbeiten. Außerdem sind sie für alle Belange des täglichen Bedarfs der Schauräume zuständig.
Eine meiner schlimmsten Aversionen war, dass die Reinigungsarbeiten in den Schauräumen von externen Reinigungskräften durchgeführt werden. Unser Team ist verlässlicher und kann mit besonderen Reinigungsaufgaben betraut werden. Einige Damen und Herren der Belegschaft zeigen großes Interesse an Erhaltungsmaßnahmen und nützen ihr erworbenes Wissen um die Großreinigung während der Wintermonate durchzuführen.

 

Damage Limitation Team (Team zur Schadensbegrenzung)

Nach den Bränden in Schloss Windsor und der Hofburg (1992) entschloss sich das Management Schönbrunns (Dr. Kippes), dass einige Kolleginnen und Kollegen dazu ausgebildet werden sollten, im Brandfall bzw. in einem anderen Katastrophenfall die Wertgegenstände des Schlosses zu retten. Die Notwendigkeit eines solchen Teams wurde nach den bereits erwähnten Bränden offenkundig. Bei beiden Bränden stand kein ausgebildetes Personal mit Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten und der Priorität hinsichtlich der Wertgegenstände zur Verfügung.
Zunächst bestand unser DLT (Damage Limitation Team) aus einem bunt gemischten Haufen unausgebildeter und unvorbereiteter Freiwilliger, einer zusammengewürfelten Mannschaft von Angestellten der Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H., die bereit waren, ihr Bestes zu geben.
Die ersten Jahre gestalteten sich ein wenig unprofessionell, aber gleichzeitig unvergesslich. Im Laufe der Jahre hat sich das Team in eine gut organisierte Gruppe verwandelt, die jeden Monat Trainings abhält, um sich das nötige Wissen anzueignen. Dieses Team hat bereits viele Verbindungen zu vergleichbaren Organisationen geknüpft und tauscht mit diesen während ihrer Besuche in Schlössern und historischen Bauten wie zum Beispiel in Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Spanien Erfahrungen aus.

 

Weihnachten 2005

Viele angenehme Dinge sind im Lauf der Jahre geschehen, aber nur einige wenige dieser Ereignisse sind zu Papier gebracht worden.
Am 12. Dezember 2005 traf in den Schauräumen ein Brief ein, der auf meinem Tisch landete. 
Inhalt – ein Schlüssel, Zettel und Brief. 
Herr Alfred Blackett, ein alter Freund Schönbrunns, erzählt in diesem Brief eine kleine aber liebe Geschichte, die 1945 in Schönbrunn ihren Anfang nahm. Frau Vicky Tunbridge, eine Britin, hatte Herrn Blackett den bereits erwähnten Schlüssel zugesandt und ihm ein Erlebnis geschildert, das sie im Jahre 1945 hatte, als sie in der britischen Armee als Sekretärin des Oberkommandierenden der britischen Kommandantur in Schönbrunn gedient hatte.
Zu ihrem 21. Geburtstag wollten ihr ihre britischen Kollegen ein kleines Geschenk überreichen. In Großbritannien wird ein Schlüssel häufig als Symbol der Volljährigkeit verwendet, und so beschlossen ihre Kollegen zu diesem Zweck einen Schlüssel von Schönbrunn „auszuborgen“.
Einen schöneren Schlüssel aus Silber konnte man in den Nachkriegsjahren nicht bekommen, also musste der einfache eiserne Schlüssel aus Schönbrunn als Ersatz dienen.
Ihre Kollegen überreichten diesen Schlüssel zusammen mit einem Zettel, auf dem stand: "Alles Gute zum 21. Geburtstag! - Entschuldige den Schlüssel, aber das ist Wien, und einen besseren haben wir nicht auftreiben können – trotzdem sind die Gedanken, die wir damit verbinden, genauso aufrichtig."
60 Jahre danach plagten Frau Tunbridge Gewissensbisse in Bezug auf den „ausgeborgten“ Schlüssel, der ja vielleicht in Schönbrunn noch benötigt würde. Obwohl sie sich von dem Schlüssel nur schwer trennen konnte, schickte sie diesen an Herrn Blackett und bat ihn, den Schlüssel an den rechtmäßigen Besitzer, das Schloss Schönbrunn, zu retournieren. Die Belegschaft von Schönbrunn war von dieser Geschichte sehr angetan und dachte, es wäre eine gute Idee, den Schlüssel als Weihnachtsgeschenk an diese nette alte Dame zurückzusenden. 
Da es sich ja schließlich um einen Schlüssel von Schloss Schönbrunn handelte, dachten wir zuerst daran, ihn versilbern zu lassen und die Verpackung des Schlüssels sehr edel zu gestalten. Silber schien vielleicht zum 21. Geburtstag edel genug zu sein, aber für eine Dame im Alter von 81 Jahren erschien uns ein goldener Schlüssel weitaus angebrachter. Wir machten uns sofort an die Organisation der Dinge, um das Geschenk noch vor Weihnachten fertig zu bekommen.
Der Schlüssel wurde vergoldet, in einer roten Schatulle geschenkmäßig verpackt und per Eilpost an Frau Tunbridge gesandt. Wir legten einen Brief bei, in dem wir den Wunsch äußerten, dass der alte, eiserne Schlüssel, der sie als Ersatz für einen versilberten Schlüssel durch 60 Jahre ihres Lebens begleitet hatte, jetzt, ummantelt mit Gold, viel Glück und Freude in ihren goldenen Jahren bringen sollte.
Im August 2011 besuchte ich Frau Tunbridge und genoss es ihr zuzuhören, wie sie über viele ihrer wunderbaren Erinnerungen an Schönbrunn erzählte.

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Die Gloriette

Bevor es hier überhaupt ein Gebäude gab, war dieses Areal Teil des zur Katterburg gehörenden Gutes im Wienerwald, ein bewaldeter Hügel mit Namen Gatterholz. Auf der einen Seite des Hügels befand sich ein kleines Dorf namens Hietzing, auf der anderen das Dorf Meidling. Es gab hier einen wilden Bach, den Wienfluss, und auch eine natürliche Quelle, genannt der „Schöne Brunnen“.
Maria Theresia beauftragte den Architekten Johann Ferdinand von Hohenberg am Hügel ein Monument zu erbauen, welches die barocken Gärten Schönbrunns krönen sollte und bat darum, bei diesem Bauwerk Teile des alten, aus dem 17. Jahrhundert stammenden Renaissanceschlosses „Neugebäude“ nahe Kaiserebersdorf zu verwenden.
Die Gloriette wurde 1775 fertig gestellt. Der Mittelteil hat Glasfenster, wodurch ein Pavillon entstand, der von der kaiserlichen Familie genutzt wurde.
Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg zeichnet auch - gemeinsam mit Adrian Steckhoven - für den Entwurf und die Fertigstellung der fast 200 ha großen Gärten, die Gartenarchitektur und die Mehrzahl der darin befindlichen Gebäude wie etwa den Neptunbrunnen, den Obelisken und die Römische Ruine verantwortlich.

 

Römische Inschrift

Die in der Inschrift auf der Gloriette zu sehenden Buchstaben zeigen die römischen Nummer M (1000) und (500) und sind frühe römische Zahlen.
D und M stehen für 500 beziehungsweise 1000 und sind von den etruskischen Inschriften abgeleitet, die oft IƆ und CIƆ zeigen.
CIƆIƆCCLXXV
CIƆ = M 1000
IƆ = D 500

Herkules im Kampf mit dem Drachen vor dem Hesperidengarten und Herkules bezwingt den Nemeischen Löwen

Die beiden Plastiken des Herkules aus Bronze im mittleren Vestibül des Schlosses stammen wahrscheinlich von Marc Chabris, werden mit etwa 1700 datiert und sind höchstwahrscheinlich nach Entwürfen Fischer von Erlachs geschaffen worden.
Sie wurden für das Stadtpalais des Prinzen Eugen von Savoyen angefertigt und waren eigentlich Heißluftöfen, weshalb sie sowohl eine praktische als auch eine dekorative Funktion hatten.
Nach dem Tod Prinz Eugens 1736 verkaufte seine Nichte Anna Viktoria von Sachsen-Hildburghausen das gesamte in seinen Palästen befindliche bewegliche Inventar. Man vermutet, dass diese Bronzegruppen zu jener Zeit nach Schönbrunn kamen und als Heißluftöfen im Speisesaal des damaligen Jagdschlosses aufgestellt wurden.
Als Maria Theresia später das Schloss vergrößern ließ, wurde das Speisezimmer in eine Stiege umgewandelt (Blaue Stiege) und die Bronzestatuen in das Vestibül im Erdgeschoß gebracht. Die Figuren sind hohle Abgüsse und hatten ursprünglich am hinteren Teil eine Öffnung, durch die heiße Luft in die hohlen Figuren hinein- und durch die geöffneten Mäuler des Löwen bzw. des Drachen wieder herausströmte und auf diese Weise den Raum heizte. In der Zwischenzeit wurden die Öffnungen verschlossen und mit Metallplatten verschweißt.
 

Die Pest - Die Pestgesetze

Ab dem 9. Jahrhundert wurde Österreich immer wieder von der Pest heimgesucht und es war notwendig, Gesetze zu erlassen, die strenge Vorschriften hinsichtlich der Reinlichkeit und der üblichen gesundheitspolizeilichen Maßnahmen zum Inhalt hatten.
Jeder Fall einer Pesterkrankung musste sofort bekanntgegeben werden. Die Kranken wurden in Pestspitälern isoliert und die mit ihnen in einem Haushalt Lebenden unter Beobachtung gestellt. Die Türen der Erkrankten wurden durch ein weißes Kreuz gekennzeichnet und für vierzig Tage versperrt. Bevor die Häuser wieder bezogen werden konnten, wurden sie gesäubert, ausgeräuchert und getüncht. Kleidung und Gegenstände, welche den Kranken gehörten, wurden verbrannt.
Personen aus Pestgebieten und solche, die kein Gesundheitszeugnis vorweisen konnten um zu belegen, dass sie aus einer nicht betroffenen Gegend kamen, mussten sich einer vierzigtägigen Quarantäne unterziehen, bevor sie die Stadt betreten durften.
Um zu verhindern, dass sich die Krankheit in der Stadt ausbreitete, wurden Badehäuser und Schulen geschlossen, Unterhaltungen, Messen und andere öffentliche Zusammenkünfte wurden stark eingeschränkt.

 

Oh, du lieber Augustin

1679 wütete die Pest in Wien besonders arg und die Menschen starben zu Tausenden. Der Straßenmusikant (Dudelsackspieler) überlebte die Pest zwar, verlor aber die meisten seiner Freunde und saß schließlich allein im Wirtshaus „Zum Roten Dachl“, während er sein Lied der Verzweiflung komponierte:
Oh, du lieber Augustin,
Augustin, Augustin,
Oh, du lieber Augustin,
Alles ist hin!
 
Geld ist hin, Mädl ist hin,
Alles hin, Augustin!
Oh, du lieber Augustin,
Alles ist hin!
 
Rock ist weg, Stock ist weg,
Augustin liegt im Dreck.
Oh, du lieber Augustin,
Alles ist hin!
 
Und selbst das reiche Wien,
Hin ist´s wie Augustin;
Weint mit mir im gleichen Sinn,
Alles ist hin!
 
Jeder Tag war ein Fest,
Jetzt haben wir die Pest!
Nur ein großes Leichenfest,
Das ist der Rest!
 
Augustin, Augustin,
Leg´ nur ins Grab dich hin!
Oh, du lieber Augustin,
Alles ist hin!

 

Die kaiserliche Hauptresidenz - Die Hofburg

Die kaiserliche Hauptresidenz - die Hofburg im Stadtzentrum von Wien wurde zum ersten Mal 1279 erwähnt und war bis 1918 die Hauptresidenz der österreichischen Herrscher.
Der riesige Komplex besteht nicht nur aus einem einzigen Gebäude, sondern ist eher eine Ansammlung verschiedener Gebäude, die über die Jahrhunderte hinweg um die alte, ursprüngliche, befestigte Burg errichtet wurden. Der Schweizertrakt, das Schweizertor, die Stallburg sowie die aus der Spätrenaissance stammende Amalienburg gehen auf das 16. Jahrhundert zurück und wurden in den folgenden Jahrhunderten mit der Hofbibliothek (Nationalbibliothek), der Spanischen Hofreitschule und dem neuen Flügel der Hofburg, der so genannten „Neuen Burg“ verbunden.
Heute wird ein Flügel der Hofburg vom österreichischen Bundespräsidenten benützt. Andere Teile der Hofburg werden von der Burghauptmannschaft verwaltet. Die Kaiserappartements und die kaiserliche Sammlung von Tafelgeschirr (Silberkammer) sind für die Öffentlichkeit zugänglich.

 

Das Schloss „Neugebäude“

Das Neugebäude am Stadtrand von Wien, nahe dem Zentralfriedhof, wurde 1568 von Kaiser Maximilian II. in Auftrag gegeben. Unglücklicherweise starb der Kaiser 1576, noch bevor das Schloss vollendet war, und so hinterließ er seinem Nachfolger Rudolf II. eine große Baustelle. Rudolf ließ zwar das Schloss fertigstellen, zeigte aber wenig Interesse und beschloss Wien zu verlassen, um in Prag zu residieren.
Die Geschichte des Neugebäudes war nur von kurzer Dauer. Bereits um 1600 begann es zu verfallen und Mitte des 17. Jahrhunderts hatten der Gebäudekomplex, der Tiergarten und die Gärten bereits den größten Teil ihrer früheren Schönheit eingebüßt.
1607 wurde die Menagerie vergrößert, aber 1704 verwüsteten die aufständischen ungarischen Kuruzen Neugebäude und Tiergarten. Schloss und Zoo wurden langsam wieder aufgebaut, es wurde aber nur wenig unternommen, um das Schloss zu einer zukünftigen Residenz auszubauen.
1752 entschloss sich Maria Theresia die Tiere in den neu gebauten Tiergarten von Schönbrunn zu übersiedeln.
1775 wurden sämtliche wiederverwendbare Ornamentteile des Schlosses entfernt und als Verzierung der Gloriette und der Römischen Ruinen in Schönbrunn verwendet.
Nach der Jahrtausendwende wurden das Hauptgebäude des ursprünglichen Renaissancepalastes und die Nebengebäude teilweise instand gesetzt und haben nun die notwendige Infrastruktur um sie für Veranstaltungen aller Art nutzen zu können.

 

Die Favorita

Die Favorita im heutigen 4. Wiener Gemeindebezirk war die frühere kaiserliche Sommerresidenz gleich außerhalb der alten Stadt Wien. Die Residenz wurde 1623 gebaut, 1683 jedoch von den Osmanesn während ihrer zweiten Belagerung Wiens schwer beschädigt. Das Schloss wurde von 1687 bis 1690 wieder aufgebaut und dann für Hoffeste und als Jagdschloss benützt. Nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters verlegte Maria Theresia die kaiserliche Sommerresidenz ins Schloss Schönbrunn.
1746 gründete Maria Theresia in der früheren Residenz das Theresianum, eine Eliteakademie, und stellte Jesuitenmönche als Lehrer an. Nach der Entlassung der Jesuiten führten Piaristen und weltliche Lehrer zusammen mit savoyischen Rittern die Akademie. Das Theresianum erfuhr während der folgenden Jahrhunderte viele Höhen und Tiefen sowie politische Umstürze und wird heute als Privatschule mit Internat geführt.
 

Schloss Belvedere

Im Jahre 1679 kaufte Prinz Eugen von Savoyen am Stadtrand von Wien Ländereien, auf welchen er Schloss Belvedere als seine Sommerresidenz errichten ließ. Das Untere Belvedere wurde zwischen 1714 und 1716 errichtet. Die Bauarbeiten am Oberen Belvedere begannen 1720 und wurden 1723 vom Architekten Johann Lukas von Hildebrandt abgeschlossen. Prinz Eugens Erbin, die Herzogin von Sachsen-Hildburghausen, verkaufte das Schloss 1752 an Maria Theresia.
 

Laxenburg

Die kleine Stadt Laxenburg in Niederösterreich ist der Ort einer kaiserlichen Residenz, die 1136 zum ersten Mal erwähnt wurde und sich seit 1333 im Besitz der Habsburger befindet. Die Residenz wurde im 17. Jahrhundert vergrößert und liegt inmitten eines großen englischen Landschaftsgartens. Laxenburg wurde von vielen Monarchen wie Maria Theresia, Joseph II., Franz II./I. und Franz Joseph genützt und ist heute ein beliebter Ort für Tagesausflüge und Picknicks.
 

Klosterneuburg – der österreichische Escorial

Der Ursprung des Augustinerklosters von Klosterneuburg in Niederösterreich, nahe bei Wien, geht auf den Babenberger Markgrafen Leopold III. zurück, der das Kloster 1114 gründete. Während seiner Herrschaft gründete Leopold zahlreiche Klöster, wie etwa Heiligenkreuz, Klosterneuburg und Klein-Mariazell.
Leopold wurde 1485 heilig gesprochen und wurde später der Landespatron von Niederösterreich. Seit der Gründung des Stiftes Klosterneuburg leben und wirken dort Augustiner Chorherren (Mönche) nach den Regeln des heiligen Augustinus.
1730 beschloss Karl VI. Stift Klosterneuburg nach den Plänen von Donato Felice d'Allio in eine Sommerresidenz umbauen zu lassen. Die kaiserliche Residenz Karls VI. sollte der „österreichische Escorial“ werden, ein riesiger Komplex mit neun Kuppeltürmen, von denen jeder von einer der Kronen des Hauses Österreich überragt werden sollte. Nach dem Tod Karls VI. im Jahr 1740 wurde die Arbeit an der Residenz abgebrochen, und abgesehen von der Zeit zwischen 1834 und 1842 wurde nur wenig daran gearbeitet. Nur ein Viertel des ursprünglichen Planes wurde realisiert.
 

Die Wiener Weltausstellung von 1873

Das Kaiserreich Österreich-Ungarn hatte um die Mitte des 19. Jahrhunderts viel von seiner Macht eingebüßt, und der Krieg mit Frankreich führte, zusammen mit den Konflikten mit Preußen, zu sozialen und wirtschaftlichen Problemen im Reich. Während des vorangegangenen Jahrzehnts hatte Österreich-Ungarn eine Periode des wirtschaftlichen Aufschwungs und des Wohlstandes erlebt, und war nun sehr bestrebt, der Welt seinen Erfolg zu zeigen und gleichzeitig seinen Ruf als verlässliche und stabile Industriemacht wieder herzustellen.
Der Wiener Prater mit seinen mehr als 600 Hektar Rasen, Gärten und Waldflächen wurde als idealer Standort für die Ausstellung gewählt. Es war die erste Ausstellung dieser Art, bei der es mehrere Gebäude anstelle von nur einer Haupthalle gab, in denen die zahlreichen Ausstellungsstücke gezeigt wurden. Die „Rotunde“, ein großes, eingezäuntes, kreisförmiges Gebäude, bildete das Zentrum der Messe und riesige Hallen auf jeder der beiden Seiten erweiterten das Messeareal auf über 1000 Meter Länge. Die Rotunde war das größte Gebäude seiner Art, dreimal größer als die Kuppel der St. Pauls Kathedrale und zweimal so groß wie der Cristal Palace in London.
Innerhalb dieses Komplexes waren 28 Galerien in denen eine große Anzahl an industriellen Erzeugnissen aus der ganzen Welt ausgestellt wurden.
Die Rotunde wurde so geplant, dass es auch nach der Weltausstellung für Ausstellungen genutzt werden konnte. Dieses großartige Bauwerk bildete das Herzstück der Ausstellung und sollte den Eröffnungsfeierlichkeiten ein Flair von Würde, Eleganz und Vornehmheit verleihen. Die Maschinenhalle im Norden der Rotunde war mehr als 600 Meter lang, 40 Meter breit und 20 Meter hoch. Sie wurde errichtet, um zwei parallel laufenden Bahngeleisen Platz zu bieten und nach dem Ende der Ausstellung als Lagerhalle für die Nordbahn wieder verwendet zu werden. Die Kunsthalle im Osten der Rotunde war 30 Meter breit und 200 Meter lang.
Der Positionierung der an der Ausstellung teilnehmenden Länder erfolgte gemäß ihrer Lage auf der Erdkugel, und so befanden sich dort von Osten nach Westen Japan, China, die Türkei, Ägypten, Russland, Griechenland, Ungarn, Österreich, Deutschland, Belgien, Niederlande, Schweden, Norwegen, Dänemark, Italien, die Schweiz, Frankreich, Spanien, Portugal, Großbritannien, Brasilien, Südamerika und die USA.
Die österreichischen Ausstellungsstücke nahmen beinahe die Hälfte des vorhandenen Platzes ein, wodurch dem Rest der Welt nur die andere Hälfte verblieb. Großbritannien brachte nichts Neues. Frankreich konnte sich aufgrund seiner finanziellen Situation nach der Niederlage im französisch-preußischen Krieg nicht auf die Ausstellung vorbereiten. Die Vereinigten Staaten zeigten kein Interesse, bis es zu spät war, Exponate vorzubereiten.
Der Ausstellungsort selbst war für die offizielle Eröffnung nicht rechtzeitig fertiggestellt und nur vierzehn Tage später brach der Wiener Börsenmarkt zusammen, was in der heimischen Wirtschaft ein Chaos auslöste.
Ein Ausbruch der Cholera in Wien, gefolgt von Überschwemmungen, die einige der neuen Gebäude der Weltausstellung beschädigten, und die Tatsache, dass die Aussteller hohe Preise für ihre Waren und Dienstleistungen verlangten, entmutigte die Menschen, die Ausstellung zu besuchen. Obwohl die meisten anderen Länder beim Verkauf ihrer Produkte einen gewissen Erfolg erzielten, waren die österreichischen Ausstellungsstücke ein Flop und die Wiener Weltausstellung wurde zu einem denkwürdigen Desaster, das schlussendlich jeden Gedanke an zukünftige Weltausstellungen in Wien im Keim erstickte.

Die Ringstraße

Wien hatte Mitte des 19. Jahrhunderts noch immer seine Stadtmauern. Die Befestigungsanlagen, die Bastionen und das Glacis (ein künstlich geschaffener leicht ansteigender Erdwall außerhalb eines Grabens oder einer Mauer, der Kanonenfeuer ablenken oder aufhalten sollte) blieben dadurch erhalten, dass um die Stadtmauer jegliche Bebauung verboten war. Diese riesige offene Fläche außerhalb der Mauern wurde als Erholungsgebiet für die Wiener genützt.
Die Revolution von 1848 machte die Schleifung der Stadtmauern zu einem politischen Thema. Der Großteil der Wiener Stadtbevölkerung wollte sie entfernt sehen, doch der Adel zog es vor, dass sie bestehen bleiben und führte die Revolution als Beweis dafür an, dass sie noch immer zum Schutz der kaiserlichen Familie und als Abschreckung vor weiteren Aufstände gebraucht würden.
1857 befahl Franz Joseph die Schleifung der Mauern und die Neuentwicklung des Gebietes um die Stadt gemeinsam mit den sie umgebenden Vororten. Ein Aquädukt sollte gebaut werden um die Stadt mit Frischwasser aus der Umgebung zu versorgen, außerdem waren ein Kanalsystem sowie Gasbeleuchtung Teil der Gesamtplanung.
1860 wurde der Bauplan veröffentlicht, der das Gebiet um die Stadt als breiten, siebeneckig geformten Boulevard mit Gebäuden an beiden Seiten auswies, der Ringstraße genannt werden sollte.
Die kaiserliche Armee hatte die Verantwortung für den Schutz der Kaiserlichen Familie und bestand darauf, dass die Ringstraße so gebaut würde, dass sie ein Maximum an Schutz gewährleisten konnte.
Zwei neue Kasernen und ein Arsenal wurden an strategisch günstigen Stellen nahe der Stadt errichtet, um der Stadt bei Bedarf raschen militärischen Beistand leisten zu können. Der Bereich zwischen der Hofburg und den umliegenden Vororten (Heldenplatz) wurde offen gelassen und bildete einen leeren Raum, der von den Streitkräften leicht erreicht werden konnte. Die Ringstraße selbst sollte 60-70 Meter breit sein, um jegliche Verbarrikadierung zu vermeiden, und die Stadt komplett umschließen, um so rasche Truppenbewegungen von den neuen Kasernen ins Stadtzentrum zu ermöglichen.
Der Bau der Ringstraße war ein gigantisches Vorhaben. Die aus den Vororten in die Innenstadt führenden Straßen sollten in den kreisförmigen Verlauf der Ringstraße einmünden, welche die Stadt von den Vororten trennte. Die neuen Gebäude wie Parlament, Rathaus und Universität sollten entlang der Ringstraße errichtet werden und zu dieser hin ausgerichtet sein.
Privatpersonen, die die Liegenschaften von der Stadt kauften, bauten die Mehrzahl der neuen Gebäude. Bauvorschriften wurden nur in Bezug auf die Höhe der Gebäude erlassen, alle anderen Details blieben offen.
 

Die Babenberger

Leopold        (reg. 976 – 994)            
Heinrich I.     (reg. 994 – 1018)
Adalbert        (reg. 1018 – 1055)
Ernst             (reg. 1055 – 1075)
Leopold II.    (reg. 1075 – 1095)
Leopold III.   (reg. 1096 – 1136)
Leopold IV.   (reg. 1136 – 1141)
Heinrich II.    (reg. 1141 – 1177)
Leopold V.    (reg. 1177 – 1194)
Friedrich I.    (reg. 1194 – 1198)
Leopold VI.   (reg. 1198 – 1230)
Friedrich II.   (reg. 1230 – 1246)
Die Babenberger herrschten zwischen 976 und 1246 über Österreich, eine Zeit, während der sie langsam jene Provinzen, die in etwa den heutigen Bundesländern Oberösterreich und Niederösterreich entsprechen, erwarben. Sie vergrößerten ihren Machtbereich auch ostwärts, in Richtung ungarischer Grenze, und südwärts in die Steiermark und nach Kärnten.
Der Name „Ostarrichi“ (Östliches Reich) wurde erstmals 996 erwähnt, bevor das Herzogtum Österreich 1156 von Bayern getrennt wurde.
 

Leopold III.

Markgraf von Österreich

Heiliger Leopold von Österreich

Leopold III., auch als Heiliger Leopold bekannt, war mit Agnes, der Witwe Herzog Friedrichs I. von Schwaben, verheiratet. Er wurde 1485 heiliggesprochen und ist der Landespatron von Nieder- und Oberösterreich.
Leopold folgte 1095, im Alter von 23 Jahren, seinem Vater als Markgraf von Österreich nach.
 

KURZER ABRISS DER ENGLISCHEN GESCHICHTE

PARALLEL ZU DEN BABENBERGERN

 

König Richard I. (Plantagenet)

König von England (1189-1199)

Richard Coeur de Lion bzw. Richard Löwenherz         

Richard, Herzog von Aquitanien, dritter Sohn von König Henry II. von England und Eleonore von Aquitanien, wurde zwar in England geboren, zog es aber vor, den südfranzösischen Dialekt zu sprechen, der in Aquitanien gebräuchlich war, und Englisch nur als Zweitsprache zu verwenden.
1173 unternahm Richard, der wie seine Brüder Henry und Geoffrey mit seinem Mangel an Macht unzufrieden war, zusammen mit diesen einen Aufstand gegen seinen Vater Henry II.
1183 musste Richard gegen seine Brüder kämpfen, als diese eine Rebellion gegen ihn in Aquitanien unterstützten. John und Geoffrey kämpften gegen ihren Bruder Richard, nachdem dieser sich geweigert hatte, den Willen seines Vaters zu respektieren und Aquitanien an John zu übergeben, der als das vierte Kind, eigentlich nicht berechtigt war, Land zu erben, weshalb er John Lackland (Johann Ohneland) genannt wurde.
König Henry II. beschloss, John nach Irland zu schicken und ihn dort in seinem Namen regieren zu lassen, doch John und die anglo-normannischen Adeligen zogen sich den Hass der irischen Bevölkerung zu, was dazu führte, dass John innerhalb von sechs Monaten nach England zurückkehren musste.
Richards älterer Bruder Henry starb und Richard wurde Thronerbe. 1189, nach dem Tod von Henry II., wurde Richard zum König von England gekrönt und begann sich sofort seiner Heiligen Aufgabe, dem „Dritten Kreuzzug“, zu widmen und die so genannten. „Saladin“-Steuern einzuheben, um Geldmittel dafür zu bekommen.
1190 begab sich Richard auf den Dritten Kreuzzug, nahm Messina ein und später Zypern, wo er 1191 Berengaria von Navarra heiratete.
Richard hatte versucht seinen jüngeren Bruder John mit großen Ländereien in England zu beschwichtigen, doch John versuchte Richards Verwalter während dessen Abwesenheit ihrer Ämter zu entheben, machte sich bei den Untertanen äußerst unbeliebt und ging sogar eine Verschwörung mit Philip II. von Frankreich ein.
Richard musste seinen Versuch, die stark befestigte Stadt Jerusalem einzunehmen, aufgeben und beschloss nach England zurückzukehren, nachdem er mit Saladin einen Vertrag geschlossen hatte, welcher Christen den Zugang zu den heiligen Stätten Jerusalems gewährleistete.
Richard trat seine Heimreise nach England an, erlitt jedoch aufgrund des schlechten Wetters Schiffbruch und fand sich schließlich in Österreich wieder, der Heimat des Babenbergerherzogs Leopold V., den er während des Dritten Kreuzzuges beleidigt hatte.
Leopold nahm König Richard in Erdberg bei Wien gefangen und sperrte ihn in seiner Burg bei Dürnstein in der Wachau ein; später übergab er Richard zum Preis von 75.000 Reichsmark an den römischen Kaiser Heinrich VI. Dieser entließ König Richard 1194 für 150.000 Mark in Silber aus der Gefangenschaft. Dieses enorme Lösegeld war von den englischen Untertanen aufgebracht worden, eine Summe, die das Steueraufkommen Englands von drei Jahren ausmachte und 35 Tonnen wog.
Nach seiner Rückkehr nach England setzte Richard die Niederschlagung des von seinem Bruder John angeführten Aufstandes fort und zwang John ihn um Verzeihung zu bitten. England litt unter finanziellen Problemen, was auf die enormen Kosten des Dritten Kreuzzuges und das hohe Lösegeld zurückzuführen war.
Richard blieb nicht sehr lange in England sondern kehrte nach Frankreich zurück, wo er gegen Philip II. kämpfte.
Schließlich wurde er am 6. April 1199 während eines kleinen Scharmützels in Chalus in Aquitanien getötet und in der Abtei von Fontvraud in Anjou in Frankreich begraben.
Richard (auch der „abwesende“ König genannt) verbrachte lediglich sechs Monate seiner Herrschaft in England, eine Zeit, die er für die Geldbeschaffung für seine Feldzüge verwendete.
Seine Minister, William von Longchamp und Hubert Walter, konnten aufgrund des von Henry II. eingerichteten ausgezeichneten Verwaltungssystems das Königreich erfolgreich führen.
 

Die Legende von Blondel de Nesle

Blondel de Nesle war ein französischer Troubadour und Günstling König Richards I.
Die Legende erzählt, dass nach Richards Gefangennahme durch Leopold V. von Österreich 1193 Blondel von Burg zu Burg zog und ein Lied sang, das nur ihm und seinem verschollenen Herrn bekannt war, bis Richard ihm durch sein Gefängnisfenster antwortete und das Lied zu Ende sang.
Blondel kehrte nach England zurück und konnte den Engländern sagen, wo Richard gefangen gehalten wurde.
 

König John - Johann Ohneland

Nach dem Tod König Richards wurde sein Bruder John König von England und begann bald mit der Einführung neuer Steuern. Der Adel revoltierte gegen ihn und zog im Mai 1215 nach London. König John wurde gezwungen in Runnymeade die so genannte „Magna Charta“ zu unterzeichnen, welche eine Übereinkunft darstellte, die der Kirche und den Menschen in England bestimmte Rechte gab.
John unterzeichnete das Dokument nur, um Zeit zu gewinnen, und zögerte bei der Umsetzung der darin enthaltenen Richtlinien.
Der Adel musste sich um Unterstützung aus Frankreich bemühen und bot Louis, dem Sohn Philips II., den englischen Thron an.
Der angeschlagene König starb im Oktober 1216, als im Süden Englands gerade die Franzosen einfielen und im Norden seine Barone eine Rebellion anzettelten.
 

Die Legende von Robin Hood

Im 13. Jahrhundert lebten die meisten Menschen als arme Bauern und waren der Korruption und Ausbeutung durch jene, die eigentlich Recht und Ordnung aufrechterhalten sollten, unterworfen.
Für viele war es daher besser, ein Leben als Gesetzlose zu führen, als sich einem Rechtssystem zu unterwerfen, welches Bestechung und Einschüchterung zuließ.
Das Elend der Armen im England des 13. Jahrhunderts machte unter der brutalen Herrschaft des Adels Legenden wie die von Robin Hood zu einem Teil der englischen Folklore.
Der Name Robin Hood stand für einen Helden und „Verteidiger der Armen“.
Im 13. Jahrhundert sind viele Hinweise auf „Robert Hod“ und „Hobbehod“ zu finden und die Legende war zur Jahrhundertwende derart bekannt, dass viele Gesetzlose sich so nannten.
Die ersten Balladen über Robin Hoods Abenteuer gehen auf das 14. Jahrhundert zurück.
Ein Gedicht aus dem Jahr 1510 mit dem Titel „A Lytell Gest of Robin Hood“ gibt jenen, die nach der Identität Robin Hoods forschen, Anhaltspunkte und Informationen zu dem möglichen Gebiet, in dem er gelebte haben könnte mit Hinweisen auf Nottingham, Barnsdale, Sherwood und den Sheriff von Nottingham.

 

Die erste Türkenbelagerung Wiens

Die Osmanen (Türken) drangen auf das habsburgische Territorium vor und wurden für die Dörfer und Städte im Reich zur Bedrohung. Nach der Schlacht von Mohacs 1526 und dem Sieg über Ungarn marschierte Sultan Suleiman mit seiner Armee Richtung Wien.
Die Stadt besaß nur 8.000 Verteidiger, eine Armee in der Stärke von 1.700 bewaffneten Rittern und Befestigungsanlagen aus dem 13. Jahrhundert, die in einem äußerst schlechten Zustand waren.
Kaiser Ferdinand I. befand sich zum Zeitpunkt der Belagerung in Innsbruck.
Sultan Suleiman kommandierte eine Armee in der Stärke von 100.000 Mann, konnte aber seine schwere Artillerie aufgrund der schlechten Wetterbedingungen nicht transportieren.
So wurde die osmanische leichte Kavallerie vorgeschickt um die Vororte Wiens einzunehmen. Nachdem der Sultan Ende September 1529 die Mehrzahl seiner Einheiten um die Stadt herum in Stellung gebracht hatte, schlug er sein Hauptquartier in Kaiserebersdorf (später Standort für das so genannte Schloss Neugebäude) auf. Eine Flotte von über 600 Schiffen, die auf der Donau stationiert war, versorgte die Armee mit Nachschub.
Die schwache Artillerie konnte die Stadtmauern nicht durchbrechen und machte so die Erstürmung der Stadt unmöglich. Im Oktober begannen die Osmanen damit, die Stadtmauern zu unterminieren und versuchten sie zu sprengen. Die Mauern nahe dem Kärntner Tor und dem Burgtor wurden durch die Minen schwer beschädigt.
Die Verteidiger der Stadt hatten ein Frühwarnsystem aus Regenwasser und getrockneten Erbsen  eingerichtet Das Regenwasser wurde in Eimer und Schüsseln gefüllt. Auf die Oberfläche von umgedrehten leeren Fässern und anderen Gefäßen, die mit Häuten bespannt waren, ähnlich einer Trommel, wurden Trockenerbsen geleert. Diese Behälter wurden in regelmäßigen Abständen entlang der Stadtmauer platziert.
Dies ermöglichte es den Verteidigern, jedes Zittern der Oberfläche des Wassers oder die Bewegung der getrockneten Erbsen zu beobachten und  so die Angriffe zu vereiteln, bevor Osmanen die Minen zur Detonation bringen konnten.
Die Belagerer versuchten immer wieder durch die schwer beschädigten Stadtmauern zu brechen, hatten jedoch vermehrt Probleme mit ihrem Nachschub, der kalten Witterung und der Hygiene, was die Soldaten demoralisierte. Als Schnee fiel und der Sultan gegen Ende Oktober 1529 erkannte, dass er die Stadt vor dem Winter nicht würde einnehmen können, entschloss er sich, seine Truppen  abzuziehen.
 

Die zweite Türkenbelagerung Wiens

1683 belagerten die Osmanen (Türken) Wien und standen kurz vor der Eroberung der Stadt. Im September 1683 führte König Johann Sobieski III. von Polen eine Armee in der Stärke von 60.000 polnischen und verbündeten Soldaten an, die er mit den vereinigten Armeen Österreichs, Sachsens und Bayerns zusammenführte, um die Belagerung Wiens zu beenden. Sobieski und Kaiser Leopold I. hatten zuvor im selben Jahr ein Bündnis geschlossen.
Die Entsatzarmee vereinigte sich auf den Wien umgebenden Hügelkuppen und griff die Osmanen am Morgen des 12. September 1683 an. Die Osmanen wurden von diesem Angriff völlig überrascht. Die Schlacht währte 15 Stunden, bevor die Belagerer aus ihren Schützengräben getrieben wurden. Die Osmanen wurden verfolgt und mehr als 70.000 wurden getötet. Laut Berichten dauerte es eine Woche, bis die gesamte im türkischen Lager zurückgelassene Beute eingesammelt war.
Der Krieg ging weiter, und die gefährliche Lage in Europa veranlasste Polen, Venedig und Russland sich mit dem Habsburgerreich gegen die osmanische Bedrohung zu verbünden.
1686 drangen habsburgische Truppen nach Mittelungarn vor und nahmen Buda ein, 1687 waren die Osmanen in Mittelungarn praktisch besiegt. Schlacht um Schlacht wurde geschlagen, bis schließlich 1697 Prinz Eugen von Savoyen als Anführer einer kaiserlichen Armee die Osmanen bei Zenta schlug und sie zwang den Vertrag von Karlowitz zu unterzeichnen, durch welchen fast ganz Ungarn an Österreich kam.
 

Der Österreichische Erbfolgekrieg (1740-1748)

Karl VI. erkannte, dass das Fehlen eines männlichen Erben eine Bedrohung für die Einheit des Habsburgerreiches darstellen würde und verkündete 1713 die so genannte Pragmatische Sanktion, aufgrund welcher seine Tochter Maria Theresia die habsburgischen Kronländer erben konnte.
Der Preis, den Österreich für die Anerkennung der Pragmatischen Sanktion an die anderen europäischen Mächte zahlen musste, war hoch und führte dazu, dass viele der zur Zentralisierung führenden Reformen aufgegeben wurden, ohne dass man erkannte, dass diese Konzessionen später den Ausbruch des Österreichischen Erbfolgekrieges nicht würden verhindern können. Der Vertrag war schließlich nicht mehr wert als das Papier, wodurch Maria Theresia zur Schachfigur in der europäischen Politik wurde.
1736 ehelichte Maria Theresia Franz Stephan von Lothringen. Die Franzosen stellten sich gegen eine Verbindung der österreichischen Länder mit Lothringen und zwangen Franz Stephan sein Herzogtum gegen das Thronrecht im Großherzogtum Toskana einzutauschen.
Der Österreichische Erbfolgekrieg (1740-48) brach kurz nach Maria Theresias Thronbesteigung und der Weigerung der benachbarten Mächte, den Inhalt der Pragmatischen Sanktion von 1713 anzuerkennen, aus.
Dem Habsburgerreich ging es finanziell sehr schlecht, doch Maria Theresia weigerte sich mit Friedrich II. von Preußen nach dessen Einmarsch in Schlesien, einer ihrer reichsten Provinzen, zu verhandeln.
Die Preußen besetzten Schlesien 1740, und innerhalb eines Jahres besetzten die verbündeten bayerischen, sächsischen und französischen Truppen unter Karl Albrecht von Bayern Prag. Karl Albrecht wurde zum König von Böhmen gekrönt und 1742 zum Römischen Kaiser gewählt.
Maria Theresia setzte ihre diplomatischen Fähigkeiten ein und wandte sich an die Ungarn, die sie um Truppen und Unterstützung für ihre Sache bat. Ihre erfahrenen Berater halfen ihr dabei, sich Opposition und Adel zu stellen. Sie reduzierte die Macht einiger Herrschaftsgebiete, die für die Finanzkrise verantwortlich waren, und schaffte Steuervorteile der herrschenden Grundbesitzer ab.
Die österreichische Armee übernahm wieder die Kontrolle über Prag, und Maria Theresia wurde im Frühling 1743 zur Königin von Böhmen gekrönt. Österreich und seine britischen Verbündeten konnten in Mitteleuropa wichtige militärische Vorteile erkämpfen, und als Karl Albrecht im Jänner 1745 unerwartet starb, verhandelte sein Sohn einen Frieden mit Österreich aus und versprach die österreichische Kandidatur für den Kaiserthron zu unterstützen. Maria Theresia unterstützte die Kandidatur ihres Mannes Franz Stephan bei der Wahl zum Römischen Kaiser im Oktober 1745.
Im Westen hatte der Erbfolgekrieg eine militärische Pattstellung erreicht und schließlich  führten Verhandlungen im Jahr 1748 zum Frieden von Aachen. Die darin festgelegte Übergabe Schlesiens an Preußen stellte für das Habsburgerreich einen schweren Verlust dar. Trotzdem begann Maria Theresia mit der Modernisierung der Armee. Ihr neuer Kanzler Kaunitz unterstützte sie bei ihren Bemühungen, Schlesien von Preußen wieder zu erlangen.
Aufgrund der Unterstützung durch den ungarischen Adel blieb der Großteil des österreichischen Reiches intakt. In Österreich erkannte man jedoch, dass der kostspielige Krieg mit Frankreich eher den britischen Interessen in Nordamerika diente als den eigenen Interessen in Mitteleuropa. Österreich gab daher sein Bündnis mit Großbritannien auf und bildete eine Allianz mit Frankreich und Russland. Das zwang Großbritannien, den „alten Verbündeten“ Österreichs, aus dem Bündnis auszutreten und sich Preußen zuzuwenden um die britischen Interessen in Hannover gegenüber den Franzosen zu wahren.
Diese Umkehr der Bündnisse wurde durch die Heirat von Maria Theresias jüngster Tochter, Marie Antoinette, mit dem zukünftigen französischen König Ludwig XVI. besiegelt.
1756 begann sie einen groß angelegten Krieg mit Preußen, in der Absicht die verlorenen Gebiete wiederzubekommen.
 

Der Siebenjährige Krieg (1756 – 1763)

Um die reiche Provinz Schlesien zurückzugewinnen, ging Österreich neue Bündnisse mit Frankreich, Sachsen, Schweden und Russland gegen Preußen, Hannover und Großbritannien ein. Im Sommer 1756 war das Bündnis um Österreich zum Angriff auf Preußen bereit, doch Preußen griff mit seiner Invasion in Sachsen im August 1756 zuerst an und versuchte dieses Land von seinem Bündnis mit Österreich abzubringen. Die Preußen besetzten Dresden, und Sachsen kapitulierte.
Im Frühjahr des Jahres 1757 drangen die Preußen nach Böhmen vor und schlugen die Österreicher in der Schlacht von Prag im Mai 1757.
Der sogenannte Siebenjährige Krieg hatte bereits mehr als ein Jahr gedauert, als die österreichische Armee unter dem Befehl des Prinzen Karl von Lothringen, welcher schon die Schlacht von Prag verloren hatte, sich mit den Überresten seiner Armee in die Stadt Prag zurückzog.
Maria Theresia gab den Befehl: „ … mit der Armee dem Feind entgegen zu gehen und eine Schlacht zu wagen...“
Einen Monat später zwang eine von Feldmarschall Graf von Daun geführte österreichische Gegenoffensive in der Schlacht von Kolín die Preußen zum Rückzug aus Böhmen. Preußen sah sich mit einem Krieg an mehreren Fronten konfrontiert.
Die Franzosen rückten bis zur Westgrenze Preußens vor.
Schweden griff Preußen an, nachdem es dem österreichischen Bündnis beigetreten war. Österreich rückte nach Schlesien vor und die russische Armee fiel in Ostpreußen ein.
Preußen trat im November 1757 einer französisch-deutschen Armee bei Rossbach in Thüringen gegenüber. Obwohl die preußischen Truppen zahlenmäßig nur die Hälfte ihrer Gegner ausmachten, fügten sie ihrem Feind Verluste in der Höhe von 7.000 Mann zu, während sie selbst nur 550 zu beklagen hatten.
Dann trafen die Preußen in Schlesien auf die Österreicher und gewannen Ende des Jahres die Schlacht von Leuthen, obwohl sie wieder stark in der Unterzahl waren.
Zwischen 1758 und 1761 war das Kriegsglück mal auf der einen, mal auf der anderen Seite. Nach dem Tod der russischen Zarin Elisabeth und der Thronbesteigung von Zar Peter III. schloss Russland mit Preußen Frieden und handelte einen Frieden zwischen Preußen und Schweden aus. Russland ging ein Bündnis mit Preußen ein, um die Österreicher aus Schlesien zu vertreiben. Die Ermordung Zar Peters machte den Weg für Zarin Katharina (die Große) frei, die den Konflikt raschestens beendete.
Preußen konnte noch immer Siege über die Franzosen und Sachsen erringen und nahm die wichtige Stadt Göttingen ein, woraufhin schließlich die Österreicher aus Schlesien vertrieben werden konnten.
Schließlich beendete im Februar 1763 der Vertrag von Hubertusburg, in dem Schlesien an Preußen fiel, den Siebenjährigen Krieg,